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Initiative gegen Steuerbetrug

Von Hans-Paul Nosko

Wirtschaft

Die Bundesregierung will den Vorsteuerbetrug eindämmen. Zu diesem Zweck sollen ab 2003 Betriebe bei Geschäften mit anderen Betrieben von der Pflicht befreit werden, Vorsteuer zu verrechnen. Die hierfür erforderliche Zustimmung der EU-Kommission ist allerdings fraglich.


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4 Mrd. Schilling entgehen dem heimischen Fiskus jährlich durch Vorsteuerbetrügereien. Einer der beliebtesten Tricks besteht dabei darin, sich von einer anderen Firma eine fingierte Rechnung für - natürlich nicht erbrachte - Leistungen ausstellen zu lassen, diese Rechnung zum Schein zu bezahlen, und die dabei anfallende Vorsteuer vom Finanzamt rückzufordern.

Um Derartiges einzudämmen, hat das Finanzministerium ein umfangreiches Paket geschnürt. Ab 2003 soll es Unternehmen im Verkehr untereinander möglich sein, Netto-Fakturen - also vorsteuerfreie Rechnungen - auszustellen. Dies jedoch freiwillig: Wer weiterhin Vorsteuer verrechnen will, wird dies tun dürfen.

Die geplante Neuregelung sieht jedoch nicht nur Vereinfachungen vor. So müssten Betriebe bei Umsätzen von mehr als 1.000 Euro alle Leistungsbezüge pro Lieferant sowie die Summe der Umsätze in der Unternehmerkette auflisten. Auch könnte ein Unternehmen nur dann vorsteuerfrei verrechnen, wenn sein Geschäftspartner dies ebenfalls tut. Das heißt, die Firmen müssten mit zwei Systemen arbeiten.

"Wir werden damit den Vorsteuerbetrug um mindestens die Hälfte reduzieren", hofft Roland Grabner, Steuerspezialist im Finanzministerium. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Zustimmung der EU-Kommission. Und hier spießt es sich derzeit noch.

"Die EU sieht die österreichische Initiative kritisch", sagt Karl Bruckner, Chef der Wirtschaftstreuhänderkanzlei BDO Auxilia. Die Kommission beurteile die geplante Regelung als einen zu gravierenden Eingriff, um sie so zu sehen, wie Österreich dies gerne hätte, nämlich als Vereinfachungsmaßnahme, so Bruckner.

Auch der angepeilte Einführungstermin, der 1. Jänner 2003, wackelt: "Wenn die Regelung kommt, dann wohl erst mit Anfang 2004", erklären Bruckner und Grabner unisono. Dass der Weg bis zu einem Fall der Vorsteuer steinig sein wird, weiß auch Grabner: "Wir versuchen, der Kommission unseren Plan schmackhaft zu machen." Gelingt dies, wäre das ein absolutes Novum: Kein EU-Mitglied verfügt zur Zeit über eine derartige Regelung. Bis zum Sommer dieses Jahres sollte in Brüssel eine Entscheidung gefallen sein. Grabner über deren Bandbreite: "Das kann bis zur Nicht-Akzeptanz reichen."