Refco-Gläubiger haben Mitsprache bei österreichischen Kaufangeboten. | Laut Bawag jedoch Gleichbehandlung aller Interessenten. | Wien/Alpbach. Erste Bank und Wiener Städtische werden doch kein Angebot für die Bawag legen. Die Versicherung Wiener Städtische, die als Wunschpartner der angeschlagenen Gewerkschaftsbank Bawag und des ÖGB galt, fühlt sich unfair behandelt. Wiener Städtische-Generaldirektor Günter Geyer sagte der "Wiener Zeitung", ihn störe, dass für "österreichische Finanzinstitute" strengere Regeln als für Ausländer gelten. Er habe jedoch nichts gegen das Informationsrecht für die Refco-Gläubiger, so der Wiener Städtische-Boss.
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Die oftmals kolportierte österreichische Lösung - ein Konsortium aus Erste Bank und Wiener Städtische kauft die Bawag - kommt definitiv nicht. Vielmehr wird es immer wahrscheinlicher, dass die österreichische Bank an einen ausländischen Bieter geht.
Zum Hintergrund: Der Vergleich zwischen Bawag und den Gläubigern des insolventen US-Brokerhauses Refco enthält Detailbestimmungen für österreichische Käufer. Falls diese sogenannten "Insider-Käufer" den Zuschlag bekommen, haben die US-Gläubiger das Recht, die Höhe des Kaufpreises überprüfen zu lassen. Dadurch könnte ein zu niedriger Preis während des Bieterverfahrens nach oben korrigiert werden.
Städtische hat schon Gespräche geführt
Geyer hält die nachträgliche Bewertung des gebotenen Preises für "unangebracht". Denn es sei von der Bawag viel für den Vergleich mit Refco bezahlt worden. Es sei "nicht würdig", dass eine ausländische Instanz die Letztentscheidung in der Auktion habe, sagte der Wiener Städtische-Generaldirektor.
Dabei war man schon mitten in den Prüfungen: "Wir haben die Verkaufsunterlagen studiert, Gespräche geführt", so Geyer.
Ob nun auch andere österreichische Interessenten abspringen könnten, wollte Geyer nicht kommentieren. Kartellrechtliche Überlegungen hätten bei der Entscheidung der Städtischen keine Rolle gespielt.
Denn die Bawag ist die viertgrößte österreichische Bank. Ein heimischer Käufer könnte durch den Bawag-Kauf eine marktbeherrschende Stellung erringen.
Erste Bank befürchtet Diskriminierung
Ärger über ein absehbares Preisdiktat aus den USA äußerte heute auch die Erste Bank: Selbst wenn das Konsortium aus Erste Bank und Wiener Städtische am meisten geboten hätte, wäre man gegenüber ausländischen Interessenten schlechter gestellt worden, vermutet eine Erste-Bank-Sprecherin. Es sei klar, dass es im ÖGB finanzielle Engpässe gebe. Aber: "Wir wollen deshalb nicht Liebhaberpreise für die Bawag zahlen".
Diskriminierungsvorwürfe kann man beim mit dem Bawag-Verkauf betrauten Investmenthaus Morgan Stanley hingegen nicht nachvollziehen. Für alle Interessenten an der Bawag gälten die gleichen Bedingungen und Fristen. Auch Bawag-Generaldirektor Nowotny hat kürzlich davon gesprochen, dass alle Bieter strikt gleich behandelt würden. Es gebe weder Bevorzugungen noch Benachteiligungen für irgendwelche Käufergruppen. Nowotny berichtete in Alpbach von "erfreulich großem" Interesse für die Bawag. Darunter seien auch Versicherungen, die sich eine Bank zulegen wollten. Die bisherigen Interessenten sind laut Nowotny eine gute Mischung von in- und ausländischen Anbietern, darunter beste Adressen.
Bis zum 8. September können Kaufwillige Übernahmeangebote für die Bawag abgeben.