Behörde wird zum Unternehmen. | One-Stop-Shop als Vision der Zukunft. | Wien. "Die Ökonomisierung des öffentlichen Sektors ist mittlerweile ein Realphänomen", ist sich Gunnar Folke Schuppert, Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, sicher. Erstmals vorgestellt wurde das neue Konzept, das Managementmethoden in die Verwaltung gebracht hat, bereits in den 1980er Jahren in Neuseeland. Mittlerweile gibt es kaum ein Land, das seine Verwaltung nicht schlanker und effizienter gestalten möchte. Auslöser dieses Modernisierungsschubs waren aber keineswegs bürgerfreundliche Überlegungen, sondern schlicht die Budgetknappheit der einzelnen Staaten.
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Kongress zu New Public Management in Wien
Über einhundert Experten des öffentlichen Rechts aus ganz Europa haben vergangenes Wochenende auf Einladung der Societas Iuris Publici Europaei in Wien die Zukunft eines modernen Staates in einem modernen Europa diskutiert. Dabei wiesen sie darauf hin, dass es durch die Modernisierung keineswegs zu einer Änderung der Verwaltungsaufgaben, sondern bloß zu einer Änderung des Aufgabenverständnisses bzw. der Rahmenbedingungen gekommen war. New Public Management bedeute heute ein Mehr an Marktorientierung und Wettbewerb, die Trennung von Politik und Verwaltung sowie die Schaffung dezentraler, teilautonomer Strukturen, so Schuppert.
Um diese Ziele zu erreichen, wird die behördliche Leistung als Produkt definiert, womit Kosten leichter zuzuordnen sind und eine Rentabilitäts-Rechnung ermöglicht wird. Andererseits werden die dezentralen Stellen mit einem eigenen Budget ausgestattet und Leistungsziele vereinbart; wie diese erreicht werden, liegt allerdings vorrangig im Ermessen der einzelnen Behörde. Dazu gehört auch die eigene Personalverantwortlichkeit der Verwaltungseinheit, die damit einem Unternehmen sehr ähnlich wird. Zuletzt sollen Buchhaltungsabteilungen die Gebarung überwachen und schon vor Überschreiten des Budgetrahmens Alarm schlagen.
Vorbild Großbritannien und eGovernment
Dass dieses System funktioniert, beweist Großbritannien. Dort können die öffentlichen Stellen weitgehend autonom agieren, werden aber regelmäßig überprüft und deren Erfordernis als auch Nutzen kritisch hinterfragt: Warum und wie werden Dienstleistungen erbracht, wie meistern ähnliche Stellen ihre Aufgaben und gibt es einen leistungssteigernden Wettbewerb mit privaten Anbietern?
Für Ivar Tallo, eGovernment-Experten aus Estland, liegt die Zukunft moderner Verwaltung im so genannten One-Stop-Shop, der als Anlaufstelle für alle Anliegen der Bürger fungiert und von wo aus die Anträge auf die zuständigen Behörden verteilt werden. Alternativ könnte auch ein Internetportal als zentrale Poststelle dienen. "Die meisten Beamten leiten heute Schriftstücke nur weiter. Das kann aber auch der Computer machen", so Tallo. Die damit eingesparten Mitarbeiter wären dann frei für andere Tätigkeiten.
Dem Recht kommt im New Public Management bloß eine regulative Rolle zu, das die Rahmenbedingungen für ökonomisches Handeln bereitstellt. Es entspricht auch dem Verständnis des Staates als "Gewährleistungsstaat", dass dieser dem Einsatz privater Anbieter zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben Vorrang gibt und selbst nur die Regulierung und Überwachung übernimmt.