"Viel besser kann es gar nicht werden, noch nie war die Aufnahmekraft der Wiener Börse so groß", zog Mitte Jänner Börsechef Stefan Zapotocky euphorisch Bilanz. Schließlich legte der Leitindex der Wiener Börse im Vorjahr um stolze 54% zu, die Börsenkapitalisierung stieg von 45 auf 65 Mrd. Euro, immer mehr ausländische Investoren entdecken den Wiener Platz. Für den Kapitalmarktbeauftragten der Bundesregierung, Richard Schenz, besteht aber durchaus weiterer Reformbedarf. Jetzt hat er ein neues Konzept für eine Kapitalmarktoffensive ausgearbeitet und vorerst einmal dem Finanzminister vorgelegt.
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Es geht dabei um zwei Schwerpunkte, nämlich um ein Basel II-Kapitalmarktpaket, mit dem der österreichische Kapitalmarkt weiter gestärkt und die Unternehmen optimal vorbereitet werden sollen und um ein Corporate Governance-Paket, mit dem die gesetzlichen Regeln sowie eine freiwillige Selbstregulierung für börsenotierte Firmen effizienter gestaltet werden sollen, erläutert Schenz in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Corporate Governance: Die Selbstregulierung ermöglichen
Eine breite Diskussion gibt es immer wieder um einen Verhaltenskodex für Manager von börsennotierten Firmen (Corporate Governance). Des öfteren wird eine Verschärfung der derzeitigen Bestimmungen gefordert. Für Schenz stehen jedoch eine verstärkte Selbstregulierung und freiwillige Maßnahmen im Vordergrund. Vorgeschlagen wird, dass die Verhaltensregeln zwar grundsätzlich einzuhalten sind, wenn dies nicht der Fall ist, muss die abweichende Haltung erklärt und begründet werden (sogenannten "Comply or Explain-Bestimmungen, C-Regeln). Nur so könne den Unternehmen die notwendige Flexibilität gesichert werden.
Die oftmals geforderte Offenlegung der einzelnen Vorstandsgehälter bei börsenotierten Firmen - derzeit nur auf freiwilliger Basis - will der frühere OMV-Vorstandsvorsitzende Schenz nicht als Pflichtbestimmung sehen: "Das ist keine Glaubensfrage, für den Aktionär ist das eigentlich nicht so interessant". Weit wichtiger sei da schon, dass genau dargelegt werden müsse, wie viele Aktien der eigenen Firma Vorstände besitzen und welche Aktien-Optionsprogramme für die leitenden Angestellten gewährt werden, beziehungsweise wie die Aufteilung in Fixgehalt und erfolgsabhängigen Anteil ist.
Kein Pardon für Insider
Kein Pardon sollte es allerdings bei Insidergeschäften geben. Dass ein Generaldirektor, der in Insidergeschäfte verwickelt ist, sich mittels einer Strafzahlung (Diversifikation) freikaufen kann, will Schenz nicht akzeptieren - er fordert für derartige Fälle das sofortige Ausscheiden aus einer Vorstandsfunktion.
Das derzeit in Vorbereitung befindliche Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005 - könnte im April so weit sein - sollte eine entsprechende Flexibilität gewährleisten. "Eine starre gesetzliche Überregulierung ist kein Zeichen für einen wettbewerbsfähigen Kapitalmarkt", möchte Schenz den Gesetzgeber einbremsen. "Mir gefällt beim geplanten Gesetz nicht, dass die persönliche Haftung der Vorstände und Aufsichtsräte ausgeweitet werden soll, dass Kleinaktionäre einen Vorstand im Fall unrichtiger Finanzinformationen direkt klagen können wegen grober Fahrlässigkeit. Es ist nicht nötig, dass Österreich da den Vorreiter spielen soll".
Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die erlaubte Anzahl von Aufsichtsratsmandaten. Geplant ist ein Limit von 10 Mandaten: "Ich glaube, es ist besser zu differenzieren". Im derzeit geltenden Verhaltens-Kodex sind acht Aufsichtsratspositionen in börsenotierten Firmen möglich, wer dem Vorstand einer börsenotierten Firma angehört, sollte jedoch nur vier Mandate ausüben".
Sorgenkind Übernahmerecht
Ein Sorgenkind ist auch das österreichische Übernahmerecht. Für Schenz sind die Übernahmegrenzen zu schwammig, es liegt derzeit im Ermessen der Übernahmekommission, innerhalb einer Grenze von 20 bis 30% zu entscheiden, ob ein Übernahmefall vorliegt. Ein Anheben auf 30% sei durchaus vertretbar. Bessere Vorhersehbarkeit für mehr Rechts- und Planungssicherheit sollte eine Neuregelung bringen, die etwa Mitte 2006 vorliegen könnte.
"Es geht auch darum, eine bessere Eigenkapitalausstattung für Österreichs Betriebe zu bekommen, wobei auch Klein- und Mittelbetriebe profitieren sollen". Schenz hat dafür eine Studie in Auftrag gegeben, die im April vorliegen soll und als Basis dienen wird, Modelle für einen Mittelstandsfonds auszuarbeiten. Dann soll eine breite Diskussion folgen - "das wird nicht einfach sein".
Was Irland kann, sollte auch in Österreich möglich sein, nämlich sogenannte "Asset Backed Securities" zu platzieren - gleichartige Forderungen eines Unternehmens werden zum Zweck der Liquiditätsbeschaffung ausgegliedert. Die Zessionsgebühr sei bereits gefallen, die im Justizministerium geplanten Änderungen in Bezug auf die Wirksamkeit von vertraglichen Zessionsverboten finden beim Kapitalmarktbeauftragten Zustimmung. Auch einige Anpassungen im Bereich Aufsichts- und Zivilrecht seien noch notwendig. Als besonderer Baustein für eine positive Entwicklung des heimischen Kapitalmarktes wurde die Schaffung der prämienbegünstigten (derzeit 9% Prämie) Altersvorsorge angesehen, wobei 40% der angesparten Mittel an der Wiener Börse angelegt werden müssen.
Was hat dabei aber wirklich für den Kapitalmarkt herausgeschaut? Richard Schenz relativiert die Bedeutung und fordert eine Reform der Zukunftsvorsorge. Für die Börse brachte diese Altersvorsorge nur eine moderate Nachfragestützung, nur 1% der Aktienumsätze an der Wiener Börse geht auf dieses Instrument zurück. Außerdem müsse das Produkt weiter entwickelt werden, Schenz schlägt vor die 40%- Aktienquote kurz vor Antritt der Pension zu reduzieren, damit es nicht mehr allzu starke Schwankungen gäbe, die Möglichkeit eines Einmalerlages sollte ebenso möglich sein wie auch ein Ansparprodukt ohne Kapitalgarantie.
Weitere Wünsche des Kapitalmarktbeauftragten - von denen er aber weiß, dass ihre Umsetzung nicht mehr in dieser Legislaturperiode realistisch ist - wären eine Reduktion der Erbschaftssteuer, wenn die Erben mit der geerbten Firma an die Börse gehen sowie - vordringlich -eine Abschaffung der - aus dem Jahr 1934 stammenden - Gesellschaftssteuer. n