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Insolvenz-Artefakte aus der Corona-Zeit

Von Daniel Knuchel

Gastkommentare
Daniel Knuchel ist Partner bei Advicum Consulting (www.advicum.com).
© www.praesentationsart.com

Zombie-Unternehmen dürfen endlich sterben, zukunftsorientierte brauchen mehr Förderung.


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Die Insolvenzzahlen des ersten Quartals 2023 in Deutschland, Österreich und der Schweiz sind unerfreulich und die Aussichten weiter düster: In allen drei Ländern stiegen die Insolvenzmeldungen im Vergleich zum Vorjahr massiv um 20 bis 30 Prozent. Die Zahl der Firmenpleiten übersteigt in Österreich sogar das Vorkrisenniveau um 6,5 Prozent. Was in der Pandemie hinausgezögert wurde, holt jetzt die Volkswirtschaften ein. Unternehmen, die unter fairen Marktbedingungen längst untergegangen wären, fristeten zuletzt ihr Dasein als sogenannte Zombie-Firmen.

In Anbetracht der vielen Insolvenzverfahren stellt sich die Frage, wie sinnvoll die Rettungsmaßnahmen wirklich waren. Mit wirtschaftlichen Altlasten wurde nicht abgerechnet, jetzt wird die Zeche gezahlt. Wir haben bereits in der Vergangenheit mehrmals vor toten Pferden gewarnt, die man nicht länger reiten sollte - also vor Unternehmen, die ohne staatliche Hilfe die Pandemie nicht überlebt hätten. Zombie-Unternehmen sind auch deshalb so problematisch, weil sie eine Fehlinvestition für die Banken und den Staat darstellen, deren Gelder woanders besser angelegt wären. Kompetitivere Konkurrenten bleiben außen vor, Potenziale werden vernachlässigt. Zudem belasten sie den Staatshaushalt, da sie durch Steuergelder am Leben gehalten werden müssen.

Mittelfristig sind unsere Erwartungen aber optimistisch. Endlich dürfen diese toten Pferde in Würde sterben, und Wirtschaft und Politik werden sich auf das konzentrieren, was ihre Aufgabe ist: die Förderung zukunftsorientierter Unternehmen und Branchen, die den Wirtschaftsstandort sichern und erfolgreich machen, und Beendigung des unreflektierten Auffangens aller. Unternehmensinsolvenzen sind normal und gehören zum natürlichen Wirtschaftskreislauf dazu. Die künstliche Lebenserhaltung von eigentlich toten Unternehmen ist langfristig wirtschaftlich nicht tragbar.

Besonders stark betroffen ist in Österreich die Immobilien-Branche. Verglichen mit dem ersten Quartal des Vorjahres stiegen hier die Konkursmeldungen beinahe um das Dreifache. Auch der Handel und die Baubranche sind mit einem Insolvenzanstieg von 47 beziehungsweise 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angeschlagen. Der Bau- und Immobilienbranche setzt vor allem die hohe Inflation zu. Um diese in Schach zu halten, hat die EZB den Leitzins laufend erhöht, Kredite wurden deutlich teurer. Ebenso schlagen sich erhöhte Preise auf die Auftragslage nieder: So sind aufgrund von Inflation und Ukraine-Krieg die Kosten für Material und Baustoffe im vergangenen Jahr um 26 beziehungsweise 46 Prozent gestiegen, der Strompreis sogar um 135 Prozent.

Verglichen mit der Schweiz, wo die Zahl der Insolvenzen im ersten Quartal sogar um 22,4 Prozent im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit stieg, halten sie sich in Österreich zwar noch in Grenzen, trotzdem ist bis Jahresende mit tausenden weiteren zu rechnen. Die Fortsetzung der Pleitewelle ist nicht weiter verwunderlich, fehlt doch die staatliche Hilfe in Form von Zuschüssen und Fristenverlängerungen, die in der Pandemie viele strauchelnde Unternehmen vor dem Bankrott gerettet hat.