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Inspektor Köszegi

Von Bernadette Redl

Politik
Der Mann und sein Auto im Kampf gegen das Verbrechen - und oft im Einsatz als Übersetzer : Der 23-jährige Mario Köszegi wollte schon immer Polizist werden.
© Redl

Wiener Polizei sucht Nachwuchs mit Migrationshintergrund, weil dieser einen besseren Zugang zu den Communitys hat.


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Wien. Wenn Mario Köszegi zu einer Amtshandlung kommt und die Menschen merken, dass er ebenso ungarischen Migrationshintergrund hat, versuchen sie zu verhandeln. So geht es auch anderen Kollegen: "Komm rein! Trink was! Kann man da nichts machen?" Doch Köszegi gibt nicht nach. Seit einem Jahr ist er Inspektor bei der Wiener Polizei.

Unter seiner tief sitzenden Tellerkappe hat Köszegi schwarze, zurückgegelte Haare. Die braunen Augen und der dunkle Teint würden eine südländische Herkunft erahnen lassen. Sein Wienerisch tut dies nicht. Der 23-jährige Polizist wurde in Österreich geboren. Seine Großmutter ist vor dem Bürgerkrieg in Ungarn geflüchtet. Sein Vater kam mit 19 Jahren nach Österreich. Dass der Sohn heute Polizist ist, macht die Familie stolz. Den Wunsch hatte Köszegi schon lange, denn "jeder Junge will einmal Räuber und Gendarm spielen".

Einsatzgebiet 7. Bezirk

Aufrecht und mit breiten Schritten geht er die Mariahilfer Straße entlang Richtung Museumsquartier. Der 7. Bezirk ist sein tägliches Einsatzgebiet. Doch oft wird er in anderen Teilen der Stadt gebraucht. "Kannst du kurz kommen und übersetzen?", heißt es da oft. Polizisten mit Migrationshintergrund sind gefragt. Genaue Zahlen, wie viele Migranten als Polizisten tätig sind, gibt es nicht. Die Wiener Polizei erfasst nur die Sprachkenntnisse. Demnach sprechen sieben Prozent der Polizisten, abgesehen von Englisch, eine weitere Fremdsprache. Glaubt man einer Umfrage aus 2012, wünschen sich 78 Prozent der Österreicher mehr Polizisten aus den Communitys. Denn der Anteil an Migranten in der Polizei ist kaum repräsentativ für die Bevölkerung, besonders in Wien.

2007 hat die Wiener Polizei die Aktion "Wien braucht Dich" gestartet. Junge Menschen mit Migrationshintergrund sollten angesprochen und für den Polizeiberuf motiviert werden. Laut Pressesprecher Patrick Maierhofer ist der Anteil der Polizeischüler mit Migrationshintergrund seither von einem auf sieben Prozent gestiegen. Viele von ihnen geben Wunschbezirke an. "Besonders die Schüler mit türkischem Hintergrund suchen sich häufig den 16. oder den 10. Bezirk aus, weil ihre Sprachkenntnisse dort nützlich sind", sagt Maierhofer. Der Bedarf ist groß. Polizisten mit Migrationshintergrund haben oft einen besseren Zugang zu den Communitys.

Köszegi geht aufmerksam durch den Hof des Museumsquartiers. Sechseinhalb Jahre war er mit einer Serbin liiert. "Da habe ich auch die serbische Sprache und Mentalität kennengelernt, ich weiß, was man sagen darf und was nicht." Er weiß, dass Migranten bei der Polizei immer mehr gebraucht werden. "Man verhindert viel Schlechtes, wenn man mit Menschen, die weder Deutsch noch Englisch können, in ihrer Muttersprache spricht. Ich beobachte oft, wie erleichtert jemand ist, wenn ich anfange, Ungarisch zu reden", sagt Köszegi.

Polizei und Migranten - eine nicht immer problemfreie Zone. Der Rassismus-Report der Nichtregierungsorganisation Zara dokumentiert jährlich rassistische Vorfälle. 2013 waren es 731, acht Prozent hat laut diesem Report die Polizei verschuldet. Zara kritisiert, dass Personen aufgrund ihrer Hautfarbe verstärkt kontrolliert und verdächtigt wurden. Erst vor einigen Wochen trat ein Beamter der Tiroler Polizei an die Öffentlichkeit und erhob schwere Vorwürfe gegen den eigenen Berufsstand: Rassismus und Diskriminierung stünden auf der Tagesordnung.

"Wir wollen Migranten"

Die Berührungsängste zwischen staatlichen Organen und Migranten sind groß. Dass junge Menschen eine Karriere bei der Polizei ausschließen, könnte auch daran liegen. Eine 2011 veröffentlichte Studie aus Deutschland hat untersucht, warum sich qualifizierte Migranten nicht bei der Polizei bewerben. Hauptgründe sind die Angst vor Rassismus und die Vermutung, dass die Polizei keine Migranten haben will. Maierhofer schließt das für die Wiener Polizei kategorisch aus: "Unsere Projekte zeigen deutlich, dass wir Migranten haben wollen." Im Aufnahmeverfahren werden Bewerber mit Migrationshintergrund nicht anders behandelt als Österreicher. Die größte Hürde ist der Deutschtest. Laut Maierhofer tun sich mit diesem aber auch autochthone Österreicher schwer.

Köszegi erzählt, dass er in seiner kurzen Zeit bei der Polizei noch keine rassistisch motivierten Vorfälle erlebt hat. Laut Maierhofer kommen rassistische Äußerungen gelegentlich vor, ein großes Rassismusproblem habe die Wiener Polizei aber nicht. Doch Köszegi räumt ein: "Die Problematik wird immer da sein und dagegen kann man auch nichts tun."