Die deutsche Staatsministerin für Integration plädiert für raschere Asylverfahren. Etwas Entspannung im deutschen Koalitionsstreit.
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Wien. 66.988 Menschen haben heuer einen Asylantrag in Österreich gestellt, in Deutschland waren es bis Oktober rund 362.000. Mit der Frage, wie die Flüchtlinge nun integriert werden sollen, hat sich am Montag in Wien eine Konferenz von Regierungsvertretern aus zwölf Staaten auseinandergesetzt. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wies darauf hin, dass die Situation in den europäischen Staaten - was den Anteil an der zugewanderten Bevölkerung betrifft - sehr unterschiedlich sei: In einigen Staaten liege der Migrantenanteil unter zwei Prozent, in anderen bei rund 40. Österreich sei hier "ein Spitzenland" mit einer der höchsten "Nettozuwanderungsraten pro Kopf".
Der Minister rechnet 2015 mit 85.000 Flüchtlingen, die in Österreich ankommen, 20.000 bis 25.000 davon hätten noch heuer einen positiven Asylbescheid zu erwarten. Als Pfeiler einer gelungenen Integration nannte Kurz den Spracherwerb, den Einstieg in den Arbeitsmarkt sowie die Vermittlung der Grundwerte im "neuen Kulturkreis".
Wertekurse, wie Kurz sie fordert, gebe es in Deutschland bereits seit 2005, sagte die Staatsministerin für Integration, Aydan Özoguz, nach der Konferenz vor Journalisten: "Dass wir ein europäisches Wertegerüst haben, das sich stets weiterentwickelt, müssen wir ja auch der einheimischen Bevölkerung immer wieder vor Augen halten." Beim Umgang mit Flüchtlingen sprach Özoguz von einem "Dilemma", denn man wolle in kein Extrem verfallen. Einerseits gelte es, humanitäre Verpflichtungen einzuhalten, andererseits sollte man nicht blauäugig sein: "Wir müssen schneller und klarer handeln." Die Verstimmungen in der Deutschen Regierungskoalition nimmt Özoguz gelassen: "Auseinandersetzungen sind normal bei so einem Thema."
Streit über Familiennachzug
Das Asylpaket der deutschen Bundesregierung nimmt langsam Form an. "Die Transitzonen sind vom Tisch. Die Regierungskrise ist beendet. Wir gehen jetzt wieder an die Arbeit", sagte etwa SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Der Subsidiäre Schutz, wie von Innenminister Thomas de Maizière vorgeschlagen, scheint vorerst vom Tisch. Er hatte gefordert, syrischen Schutzsuchenden künftig kein Asyl, sondern eine nachrangige Form anzubieten, die nur für ein Jahr gilt und den Familiennachzug ausschließt. Beendet ist die Diskussion jedoch nicht, denn CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, CSU-Chef Horst Seehofer und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekräftigten nun ihre Unterstützung für den Innenminister. "Wir müssen natürlich den Familiennachzug begrenzen, denn unsere Aufnahmekapazität ist ja nicht unbegrenzt", sagte Schäuble.
Laut Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sollen indes die von den Koalitionsspitzen vereinbarten besonderen Asylzentren für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten "noch in diesem Jahr" auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Menschen, die nach der Registrierung nicht in diese Einrichtungen gehen, fallen dann aus dem Verfahren und haben keinen Anspruch auf Leistungen mehr. "Wir müssen uns die Herkunftsregionen und die persönlichen Geschichten ansehen", sagte dazu Özoguz. Denn schnellere Verfahren, so die Staatsministerin, sorgten dafür, dass jene, die bleiben dürfen, gleich integriert werden können.
Einig sind sich Kurz und Özoguz darüber, dass eine gesamteuropäische Lösung hermuss. Özoguz sieht die Frage, wie man zu einer faireren Verteilung der Hilfesuchenden kommt, im Mittelpunkt, Kurz hofft auf eine europäische Lösung bei der Reduzierung des Zustroms.