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Kurz: "Migranten bringen viel mit, was der Österreicher nicht hat."
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Wien. Das Ankurbeln der Karriere von jungen Menschen mit Migrationshintergrund stand bei der im Wiener Austria Center stattfindenden Career Fair im Mittelpunkt. In zahlreichen Workshops, Seminaren und Vorträgen gaben öffentliche Institutionen und Privatunternehmen einen Tag lang ihr Know-how preis. Unter den Ausstellern befand sich etwa die europäische Jugendorganisation JEF, die Auskunft über Mobilitätsprogramme wie Erasmus oder Da Vinci und Informationen über den Berufseinstieg in EU-Institutionen gab. Auch die Möglichkeit einer Rechtsberatung wurde angeboten. "Wir helfen Leuten, die ein Unternehmen gründen wollen", so ein Mitarbeiter der Rechtsanwaltskanzlei Zeiner und Zeiner. Häufige Fragen würden die Haftung und das Steuerrecht betreffen. Damit sich auch jeder die Beratung leisten könne, sei die erste anwaltliche Auskunft gratis.
"Viele Personen wissen nicht, wohin sie gehen sollen, um an Informationen zu kommen", sagt Adela Kuliga vom veranstaltenden Verein Networking Youth Career. Vor allem Migranten seien davon betroffen. "Mit der Career Fair soll die Kommunikation zwischen Institutionen und junger Zivilgesellschaft vereinfacht werden." Individualberatung für Berufstätige und Arbeitslose bietet der Wiener Förderungsfonds waff an. Für einen 40-jährigen Lagerarbeiter mit Pflichtschulabschluss, der aufgrund von Kreuzschmerzen seinen Beruf nicht mehr ausüben könnte, empfiehlt die waff-Mitarbeiterin das Nachholen eines Lehrabschlusses. Berufliche Weiterbildung würde vom waff finanziell gefördert werden. Auch Personen, die in keinem Dienstverhältnis stehen und aufgrund von Kinderbetreuung ihren Beruf kündigten, können sich einen Fahrplan für den Wiedereinstieg erstellen lassen. Der Verein "Fair und sensibel - Polizei und AfrikanerInnen" setzt bei seinen Vorträgen und Workshops auf Toleranz und die Devise "Wir sind alle anders!". Obmann Josef Böck will das Thema "Migration und Integration" sensibilisieren, viele Leute würden sich da aber "nicht drüber trauen", sagt er zur "Wiener Zeitung".
Hürden für Migranten
Einer der Höhepunkte der Career Fair war die Podiumsdiskussion zu der Frage: "Wie leistungsgerecht ist Österreich? Qualifikationen vs. Herkunft". "Migranten bringen viel mit, was der Österreicher nicht hat", betont Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) bei der Diskussion, und: "Es gibt Hürden für Migranten, die wir abbauen müssen."
Er gibt zu bedenken, dass Österreich im internationalen Vergleich zwar gut dastehe, aber viele Länder im Bereich Wirtschaftswachstum und bei den Möglichkeiten für Arbeitnehmer das Land bereits überholt hätten - und weitere drauf und dran wären, bald zu überholen. "Wir brauchen ein positives Österreich, wo es jeder schaffen kann, einen kleinen österreichischen Traum", ist er sich sicher. Ohne Leistung gehe es aber nicht. "Das würde heißen: Wenn du es nicht schaffst, dann gehörst du nicht dazu, das ist kein fairer Zustand", entgegnet die grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun.
Für sie ist es weniger eine migrantische als eine soziale Frage. Schließlich hätten es Bürger mit geringen Bildungsabschlüssen schwerer als andere: Nur ein Fünftel von bildungsfernen Familien schafft den Weg auf die Uni. Es sei entscheidend, wer jemand ist und nicht woher jemand ist, stellt sie fest. Auch Christoph Lipinski kritisiert die Aussage des Staatssekretärs: Migranten müssten mehr leisten, um in der Gesellschaft anerkannt zu werden, wer viel weniger leiste, seien Vermögende. Es sei zudem schwieriger, wenn man in ein neues Land komme. Dem stimmt Kurz zu: "Was Gastarbeiter und Zuwanderer bereits beigetragen haben, muss anerkannt werden." Es sei kein Geheimnis, dass es Zuwanderer schwerer hätten, sagt Franz Wolf-Maier, Geschäftsführer des Integrationsfonds (ÖIF). Es gäbe viele soziale Codes, etwa bei Bewerbungen, und auch fehlende Netzwerke erschweren Migranten den Zugang zum Arbeitsmarkt.
Integration kann schön sein
Alev Korun sieht ein Grundmisstrauen gegenüber Migranten. "Beweis uns mal, dass du es genau so kannst wie wir, das hören 100.000 Migranten tagtäglich", empört sie sich. Selbst im Parlament werde man mit ausländischem Namen skeptisch beäugt. Es gehe darum ein Bewusstsein zu schaffen, dass es Diskriminierungen gibt. Das hätte aber nichts mit einer Opferrolle zu tun. Der US-Manager werde nun mal anders behandelt als eine bosnische Putzfrau, ist sich Korun sicher. Kurz findet, dass Integration "etwas Fröhliches und Schönes" ist. Außerdem würden viele Migranten nach Österreich kommen, um der "Welt einen Haxn auszureißen. Wir müssen wegkommen von einem leidenden Zugang."