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Integration mit Cremeschnitte

Von Christina Böck

Politik
Lauter unausgetragene Briefe von Ausländern: Ulli Maier, Tamim Fattal, Erwin Steinhauer.
© Herbert Neubauer/Josefstadt

Peter Turrinis "Fremdenzimmer" in der Josefstadt: Migrationsutopie am Mehlspeisenstammtisch.


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Eine ebenerdige Gemeindewohnung in der Hausfeldsiedlung im 22. Bezirk von Wien ist Schauplatz des neuen Stücks "Fremdenzimmer" von Peter Turrini, das am Donnerstag im Theater in der Josefstadt uraufgeführt wurde. In dieser Wohnung leben Herta (Ulli Maier) und Gustl (Erwin Steinhauer). Und in dieser Wohnung steht eines Tages Samir (Tamim Fattal). Der syrische Flüchtling, man lernt ihn in Herbert Föttingers Inszenierung als zu arabischem Hip-Hop Basketball-dribbelnden Jugendlichen kennen, hat so versucht, Polizei und Abschiebung zu entkommen.

Während man noch die Sirenen hört, fällt die Begrüßung des Eindringlings zurückhaltend aus. Gustl sagt, in seinen freundlichen Momenten, dass er "so was" nicht brauchen kann in seiner Wohnung. Herta kann sich für den jungen Mann erwärmen. Und wenn sie es nur tut, damit sie Gustl eins auswischen kann. Schnell wird der fremde Mann im Wohnzimmer zur Waffe im zwischenmenschlichen Alltagshass. Und sein Schicksal wird erst einmal als Replik von Herta auf Gustls Stichelei gegen ihren Alkoholkonsum entschieden. "Der bleibt und ich sauf, wann ich will!"

Erster Vorbote einer gelungenen Integration ist ein Trachtenjanker, den Herta Samir anzieht. Er hat ihrem verschwundenen Sohn gehört, für den seit eh und je ein Zimmer in der Wohnung freigehalten wird. Falls er doch plötzlich wieder auftaucht. Dieser Sohn ist auch der Grund, warum Herta sich für Samir öffnet: Er passt so gut in das Loch, das das Verschwinden ihres eigenen Sohnes in ihr Herz gebohrt hat.

Gustl wiederum, der frühpensionierte Postler, ist ein Ausländerhasser aus dem Lehrbuch. Er putzt sich mit der eigenen Spucke ab, wenn Samir ihn berührt. Schließlich ist er der Meinung, eine der Strategien der Migranten sei, die Europäer mit eingeschleppten Seuchen auszurotten. Wie bei den Indianern.

Ein Traum vom Fliegen

Apropos Indianer: Einen Indianer mit Schlag hat Herta auch dabei in ihrer Mehlspeisen-Integrationsoffensive, die sie Samir offeriert, von Apfelstrudel bis Cremeschnitte. Die Cremeschnitte ist dann auch der erste Annäherungsversuch zwischen Gustl und Samir. Den Durchbruch in der Akzeptanz erreicht der Syrer aber erst, als er Gustls Modellflugzeug-Fernbedienung repariert. Als der Muslim dann auch noch beherzt das angebotene Bier trinkt, ist alles gut. Und der Weg ist frei für eine gemeinsame Flucht vor der Abschiebung - im gemeinsam erträumten Flieger.

Eine Art Märchen erzählt Turrini in "Fremdenzimmer", unter Zuhilfenahme aller verfügbaren Stammtischklischees, etwas Kärntner Volksliedfolklore und "Es-wäre-alles-so-einfach"-Humanismus. Föttinger inszeniert auf einer kargen Bühne (Walter Vogelweider), die von einem Neonrahmen umkränzt ist - ein Rahmen, aus dem Samir am Anfang fällt. Bis er sich eingefügt hat. Das lässt, trotz engagierter Schauspieler und ein paar treffsicherer Pointen ("Im Fernsehen sieht man nur mehr Kochsendungen und die brennende Welt"), kalt. Nichts in diesem Stück über ein so omnipräsentes Thema tut weh, nicht einmal ein bemüht provokanter War-das-nicht-ein-Hitlergruß.

Theater
Fremdenzimmer
Theater in der Josefstadt
Termine: 29.1., 7., 14., 15., 28.2.