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Integration mit vielen Gesichtern

Von Senad Pintol

Politik

Die Integrationssprecher der großen Parteien über ihr Diversitätsverständnis.


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Wien. Unmittelbar vor der Wahl hat die "Wiener Zeitung" noch einmal die großen Parteien zum Thema Integration befragt. Anlass hierfür war die am vergangenen Dienstag bei der "Medien.Messe.Migration" stattfindende Podiumsdiskussion zum Thema: "Nationalratswahlen 2013 - Zuwanderung, Integration und Diversität als brisante politische Themen. Kandidaten im Gespräch".

Angela Lueger, SPÖ Wien:

Laut Angela Lueger - seit 2008 Integrationssprecherin der Wiener SPÖ und im Nationalrat vertreten - war die österreichische Gesellschaft aufgrund ihrer Geschichte immer eine Migrationsgesellschaft. Und ohne die ethnischen und religiösen Minderheiten aus den damaligen Kronländern wäre Wien nicht die Weltstadt in Sachen Wissenschaft, Kunst und Kultur geworden, die sie heute ist, meint sie.

Diesem Potenzial und der Verantwortung, die damit verbunden sind, müsse man sich im 21. Jahrhundert stellen, erklärt Lueger. Sie möchte zuziehenden Menschen und ihren Kindern ein umfangreiches Integrations- und Bildungsprogramm bieten, damit alle in Österreich lebenden Menschen ein selbstverantwortliches Leben führen können.

Vor allem bedeutet Integrationspolitik für sie, die Möglichkeit zu bieten, mit den Österreichern gemeinsam - auf den Grundlagen der westlichen, demokratischen, egalitären und säkularen Gesellschaft - zu leben, zu arbeiten und die Zukunft zu gestalten.

Johann Rädler, ÖVP Wien:

Laut Johann Rädler - seit 2008 Integrationssprecher der Wiener ÖVP und seit 2002 im Nationalrat vertreten - wird die Integrationspolitik nach der Wahl genau so wie davor aussehen. "Und zwar aufgrund einer in Österreich anerkannten durch die Person von Herrn Staatssekretär Sebastian Kurz repräsentierten Politik", wie er meint. In Zukunft will Rädler Integration durch verstärkte Bildungsmaßnahmen forcieren. Eine besondere Rolle soll hier die Mehrsprachigkeit im Unterricht spielen, sie soll als Chance gesehen werden und einen höheren Stellenwert eingeräumt bekommen. Auf die Frage, welche Motivation ihn in seiner Arbeit leitet, antwortete Rädler kurz und prägnant: "Weil es für das Zusammenleben gerade in den urbanen Regionen von großer Wichtigkeit ist."

Alev Korun, Grüne:

Die Motivation von Alev Korun - die einzige Nationalratsabgeordnete mit Migrationshintergrund und seit 2008 Integrationssprecherin der Bundes-Grünen - ist eigenen Angaben darin begründet, dass sie sich seit 25 Jahren mit den Themen Diversität, Chancengleichheit und Integration beschäftigt. Persönliche Betroffenheit bezüglich dieses Themas ist für Korun jedenfalls noch lange kein Kriterium, dieses Ressort zu leiten. In Sachen Integrationspolitik nach der Wahl wünscht sie sich, dass in Zukunft die zentrale Frage nicht mehr lautet: "Woher kommst du?", sondern "Wer bist du?" Die Bundesregierung müsse laut Korun endlich begreifen, dass Mehrsprachigkeit und Bi-Kulturalität ein Segen und kein Fluch für Österreich sind. Dies würde selbstverständlich eine Aufstockung des zukünftigen Bildungsbudgets implizieren.

Von Slogans wie "Integration durch Leistung" hält Korun nicht allzu viel, da ihrer Meinung nach keine Chancengleichheit zwischen Einheimischen und Zugewanderten herrscht. In puncto Willkommenskultur, welche von der ÖVP propagiert wird, sieht Korun eine gewisse Doppelbödigkeit: "Ich finde das nicht ehrlich von der ÖVP. Eine echte Willkommenskultur ist nicht an Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel die Aussage: Wenn du in einem Jahr den Deutschkurs nicht geschafft hast, bist du nicht willkommen."

Anda-Luiza Pricop, BZÖ Wien:

Anda-Luiza Pricop betreut den Bereich Integration als Fachreferentin im Parlamentsklub des BZÖ seit 2006 und widmet sich dieser Thematik auch als BZÖ-Kandidatin. Die Integrationspolitik des BZÖ befürworte ihr zufolge die volle Integration von bereits in Österreich lebenden Migranten. Bei der Zuwanderung will man jene fördern, die in den "Leistungsstaat" Österreich kommen, und nicht diejenigen, welche nur den Sozialstaat sehen, meint Pricop.

Das Asylthema will sie strikt vom Zuwandererthema trennen, hier gehe es um berechtigte Schutzinteressen. Und wenn diese gegeben sind, solle der Staat seiner Pflicht als Asylgeber nachkommen.

Darinka Hrnjez, Stronach:

Die Integrationssprecherin des Teams Stronach hat selber Migrationshintergrund. Ihre Eltern sind aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Wien gekommen. Die Integrationspolitik des Teams Stronach werde sich ihr zufolge nach der Wahl darauf konzentrieren, "Partizipation statt Integration" durchzusetzen.

Nur durch aktive Teilnahme von Menschen an der Gesellschaft könne sich ein Gemeinschaftsgefühl einstellen und Vorurteile könnten abgebaut werden, so Hrnjez. Sie sieht vor allem grundlegende Veränderungen im Bildungssystem Österreichs als einen sehr wichtigen Punkt an. Konkret hat sie auf Anfrage der "Wiener Zeitung" jedoch nichts angeführt.

Wolfgang Jung, FPÖ Wien:

Der Integrationssprecher der FPÖ Wien Wolfgang Jung war Offizier beim österreichischen Bundesheer, Verteidigungsattaché und Abgeordneter zum europäischen Parlament. Auf die Frage, weshalb man ihm dieses Ressort zugeteilt habe, zählte Jung seine militärische Auslandserfahrung in Zypern und Skandinavien auf.

Angesprochen auf die künftige Integrationspolitik seiner Partei antwortete Jung wortwörtlich: "Wir machen die richtige Politik und werden sie höchstens im Bedarfsfall - grundlegende Änderungen der Voraussetzungen zum Beispiel wegen wirtschaftlicher Lage - adaptieren."

Zuwanderungsstopp ist für Jung eine Forderung der FPÖ "im Interesse einer möglichst konfliktfreien Entwicklung im Land" vor dem Hintergrund einer steigenden Arbeitslosenrate. Ein zentraler Slogan seiner Partei ist für ihn: "Erst Deutsch, dann Schule." Ein immer größer werdendes Problem sieht Jung in der Jugendgewalt - die seiner Meinung nach "durch ethnische und religiöse Differenzen" verschärft wird.