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Intensivpatienten ohne Bett?

Von Petra Tempfer

Politik

Noch melden die Rettungsdienste keine Engpässe beim Anfahren der Spitäler. Steigt die Anzahl der Intensivpatienten aber weiter, müsste man auf ein anderes Bundesland ausweichen - falls dort Platz ist.


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Angenommen, man stürzt mit dem Fahrrad. Hat eine schwere Kopfverletzung, die Rettung kommt. Man wird aber erst um einiges später - mitunter zu spät - adäquat versorgt, weil die Intensivstationen der umliegenden Krankenhäuser mit Covid-19-Patienten überfüllt sind und das nächste freie Bett kilometerweit entfernt ist. Ein Horrorszenario, das laut Rettungsorganisationen wie der Wiener Rettung, dem Roten Kreuz oder den Johannitern zwar noch nicht eingetreten ist, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt. Werden die Betten im Bundesland des Unfalls jedoch knapp, müsste man auf ein anderes Bundesland ausweichen, heißt es - falls dort Betten frei sind.

Vor allem im Osten Österreichs könnte das problematisch werden. Immer mehr Covid-19-Patienten benötigen hier ein Bett auf einer Intensivstation. In Wien kamen von Dienstag auf Mittwoch acht dazu, insgesamt sind es nun 176 Intensivpatienten - so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie vor mehr als einem Jahr. "Wir haben streng genommen gar kein freies Bett", so eine Sprecherin des Wiener Gesundheitsverbundes. Um die steigende Anzahl an Covid-19-Patienten unterbringen zu können, müssten planbare Operationen verschoben werden, sagt sie.

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Österreichweit stieg die Anzahl der Covid-19-Intensivpatienten auf 447 an. Angesichts dessen, dass es etwa 2.000 Intensivbetten gibt, scheint diese Zahl vielleicht noch wenig besorgniserregend. Etwa 90 Prozent der Betten sind jedoch laut Intensivmedizinern schon im Normalbetrieb mit Patienten belegt. Mit Patienten, die zum Beispiel einen Herzinfarkt oder eine Transplantation hatten. Zudem rechnen die Experten, die für das Gesundheitsministerium eine wöchentliche Covid-19-Prognose erstellen, damit, dass in zwei Wochen 630 Covid-19-Patienten intensivmedizinische Versorgung benötigen werden. Insgesamt lagen am Mittwoch 2.086 Covid-19-Patienten im Spital. Das Innen- und Gesundheitsministerium meldeten 3.289 Neuinfektionen. 9.151 Menschen sind bisher an und mit Covid-19 gestorben.

Covid-19-Patienten belegen die Intensivbetten länger

Anders ausgedrückt: Von hundert Covid-19-Patienten benötigen fünf ein Spitalsbett, und einer muss intensivmedizinisch betreut werden. Intensivbett ist aber nicht gleich Intensivbett, präzisiert die Juristin und Bioethikerin Christiane Druml, die seit 2007 Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt ist. Dadurch, dass Covid-19 so infektiös ist, müsse man die Betten trennen und besondere Schutzmaßnahmen berücksichtigen, und auch der pflegerische Aufwand sei um vieles höher. Und: "Covid-19-Patienten haben eine wesentlich längere Liegedauer als andere, die oft nur ein paar Tage zur Überbrückung auf der Intensivstation liegen", sagt Druml zur "Wiener Zeitung".

Hier kommt nun das eingangs erwähnte Szenario ins Spiel und gewinnt an Relevanz. Der Ablauf nach einem Unfall mit Verletzten sei grundsätzlich immer der gleiche, heißt es von den Rettungsorganisationen. Nach dem Notruf werde entweder ein ausgebildeter Sanitäter oder, falls man von Schwerverletzten ausgehen müsse, der Notarzt losgeschickt. Ist Letzteres der Fall, werde noch am Unfallort selbst sofort über die Leitstelle abgeklärt, in welchem nächstgelegenen Krankenhaus ein Intensivbett für den konkreten Notfall frei ist. "Das kann die internistische Intensivstation betreffen oder die neurologische mit einer Stroke Unit für Schlaganfallpatienten", sagt dazu Belinda Schneider von den Johannitern.

Diese Notfall-Kette soll den raschest möglichen Transport zur bestmöglichen Behandlung des Patienten gewährleisten. Innerhalb Wiens sei man innerhalb von durchschnittlich zwölf Minuten vom Unfallort in einem Spital, so Schneider. Sind hier allerdings alle Betten belegt, scheine dieses Spital in der Leitstelle unter den verfügbaren nicht mehr auf. Sollten davon die Intensivbetten eines gesamten Bundeslandes betroffen sein, "werden auch die Spitäler in einem anderen Bundesland aufgemacht". Dass ein Patient zum Beispiel von der Wiener Stadtgrenze in ein niederösterreichisches Spital gebracht wird, ist auch laut Wiener Rettung im Notfall kein Problem. Üblich sei das Überfahren der Grenzen aber nicht.

Leitfaden für Mangelsituation von Bioethikkommission

Gut möglich allerdings, dass in Zeiten der Pandemie die Intensivbetten österreichweit nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen, und es zu einer kritischen Entscheidungssituation kommt - und in Folge zu einer Triage-Entscheidung, wer das Bett letztendlich bekommt. "Ja", sagt dazu Druml, "denn das Problem bei Covid-19 ist, dass bei steigenden Infektionszahlen zu viele Menschen gleichzeitig erkranken und daher auch zu viele gleichzeitig Intensivmedizin und künstliche Beatmung benötigen können."

Bezüglich Covid-19 habe die Bioethikkommission daher bereits vor einem Jahr einen Leitfaden herausgegeben, wie man aus ethischer und rechtlicher Sicht Mangelsituationen begegnen könne. Der Grundtenor dabei sei: Zwischen Patienten ohne und mit Covid-19 werde kein Unterschied gemacht. "Ob jemand ein Intensivbett bekommt, ist immer in Bezug auf die Dringlichkeit und Behandlungsnotwendigkeit zu sehen", sagt Druml. Der Leitfaden sei noch nicht relevant geworden - zumindest bis jetzt.