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AK-Studie über Strukturreformen: Bezirkschefs sind großteils skeptisch und kritisieren, nicht eingebunden gewesen zu sein.
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Wien. Die Arbeiterkammerstudie zur Neustrukturierung der Bezirke sei zwar theoretisch interessant, aber praktisch gesehen utopisch; da werde man noch viel diskutieren müssen - das ist in etwa der gemeinsame Tenor von Bezirksvorstehern aller Coleurs: Ernst Nevrivy (SPÖ, Donaustadt), Paul Stadler (FPÖ, Simmering), Thomas Blimlinger (Grüne, Neubau) und Adi Tiller (ÖVP, Döbling).
Wie berichtet, hat die AK eine Studie durchgeführt, in der eine Zusammenlegung der Bezirke in "demokratischere Verwaltungseinnheiten" vorgeschlagen wurde beziehungsweise eine aufgabenorientierte Budgetverteilung - sowie eine an die Bevölkerungsanzahl angepasste Menge an Bezirksräten. Auch von der Installierung eigener Bezirksstadträte war die Rede. Und wohl alles im Sinne einer groß angelegten Strukturreform, wie sie Finanzstadträtin einen Tag davor angekündigt hatte. Doch ans Sparen will freilich kein Bezirksvertreter denken.
Mehr Geld statt sparen
"Ich wage zu bezweifeln, dass irgendjemand von sich aus auf die Idee kommt, weniger Mittel von der Stadt bekommen zu wollen", erklärte etwa Ernst Nevrivy im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Eine verwaltungstechnische Zusammenlegung der Bezirke zu größeren Einheiten würde zumindest ihn als Bezirkschef der Donaustadt nicht stören, zumal sein Bezirk ohnehin riesig sei. Sehr wohl würde es im 22. Bezirk viel zu wenig Bezirksräte im Verhältnis zur Einwohnerzahl geben. "Es wäre schon wünschenswert, wenn es hier zu einer Anpassung kommen könnte", so Nevrivy.
Für Paul Stadler zwar ein gut gemeinter Vorschlag, "aber das würde ja erst recht wieder zusätzliche Kosten bedeuten". Generell sei Stadler für alles offen, wenn es um Reformen geht, nur sollten hier die Bezirke eingebunden werden, meint der Simmeringer. Eine Studie, von der nicht einmal alle Bezirksvorsteher etwas erfahren haben, sei sinnlos. Eine gerechtere Aufteilung der Mittel würde Stadler allerdings schon befürworten; sprenge doch etwa das Herrichten der vielen alten Schulen in seinem Bezirk das Budget: Also auch hier die Forderung nach mehr Geld.
"Grundsätzlich ist der Vorstoß der Arbeiterkammer eine gute Idee, die es gilt, sich näher anzuschauen", meint Thomas Blimlinger dazu. Auf jeden Fall hätten Bezirke wie Favoriten oder Ottakring mit ihren großen sozialen Herausforderungen im Verhältnis zu kleineren Bezirken ein zu geringes Budget, meinen die Grünen. Einsparungspotenzial sieht man etwa in der Abschaffung der zweiten Bezirksvorsteher-Stellvertreter.
"Wenn die Stadt sparen will, dann soll sie endlich die blöde Kameralistik durch eine normale Buchhaltung ersetzen", meint dazu Döblings Bezirkschef Adi Tiller. Nach wie vor würden die einzelnen Magistratsabteilungen gegen Ende des Jahres ihre Restbudgets verpulvern, nur damit sie im Folgejahr nicht weniger Geld bekommen. 300 Millionen Euro an Einsparungen könnte das bringen, so Tiller.
"Realitäts- und praxisfern"
Auf die AK-Studie angesprochen, meint der Bezirksvorsteher, dass sie völlig realitäts- und praxisfern sei. "Offensichtlich war in diese Studie niemand eingebunden, der tatsächlich weiß, um was es in den Bezirken geht", sagt Tiller mit dem Hinweis auf seine 37-jährige Berufserfahrung. Alleine die Aufstockung der Bezirksräte in den großen Bezirken würde Unsummen verschlingen. Noch ungeschickter sei der Vorschlag, Bezirksstadträte zu installieren, weil man für die Bezirksarbeit die einzelnen Grätzln und vor allem die Menschen dort kennen müsse. "Und am allerdümmsten ist die Zusammenlegung von Bezirken, weil dann die Bürgernähe komplett verloren geht", so Tiller.
"Erkläre gerne, wie es geht"
Nicht einmal die derzeitige Budgetaufteilung scheint für Tiller ein Problem zu sein: Bezirke mit mehr Schulbauleistung würden gemäß der 1990 umgesetzten Dezentralisierungsmaßnahmen entsprechend mehr Geld bekommen, auch die Budgets für den Straßenbau würden nach Anzahl der Straßen im Bezirk festgelegt werden. "Und wenn etwas übrig bleibt, dann ist diese Rücklage nicht zweckgebunden und kann anderwertig eingesetzt werden. Seit 26 Jahren haben wir die Dezentralisierung in Wien und seit 26 Jahren haben wir im 19. Bezirk jedes Jahr einen kleinen Überschuss. Und wenn die anderen nicht wissen, wie das geht, dann können sie mich ja anrufen und fragen", so Tiller. Früher sei es nämlich gang und gäbe gewesen, dass sich die Bezirksvorsteher untereinander geholfen haben - "und die haben das auch ohne Studie der Arbeiterkammer geschafft", so Tiller.