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Internationale Exekution durch Steuerbehörden

Von Beate Stocker

Recht

Inwieweit ausländische Steuerbescheide in Österreich und österreichische Steuerbescheide im Ausland vollstreckbar sind.


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Mit der zunehmenden Mobilisierung und Internationalisierung des Privat- und Geschäftslebens sind auch steuerrechtlich relevante Sachverhalte vermehrt grenzüberschreitender Natur. Oder sie spielen sich überhaupt gänzlich im Ausland ab.

Wenn solche grenzüberschreitenden steuerrelevanten Sachverhalte - aus welchen Gründen auch immer - nicht auf steuerrechtlich korrekte Weise im In- oder Ausland gemeldet beziehungsweise erklärt werden, besteht die immanente Gefahr, dass eine allfällige Verfehlung oder gar eine Steuerverkürzung der zuständigen Behörde nicht verborgen bleibt. Kommt es in der Folge zu einer Steuerfestsetzung im In- oder Ausland, so kann diese in aller Regel auch grenzüberschreitend durchgesetzt werden. Und zwar, indem sich der abgabenfestsetzende Fiskus im Rahmen der internationalen Vollstreckungsamtshilfe Zugriff auf das in- und/oder ausländische Vermögen des Steuerpflichtigen verschafft.

Outbound- und Inbound-Amtshilfe

Die internationale Amtshilfe kann sich dabei aus österreichischer Sicht in zwei Richtungen manifestieren: Bei den sogenannten Outbound-Fällen ersucht Österreich einen anderen Staat um Vollstreckungsamtshilfe; im Inbound-Fall (re)agiert Österreich als ersuchter Staat auf ein entsprechendes ausländisches Ersuchen. Ein solches Vorgehen ist freilich nur aufgrund gesetzlicher Vorschriften, völkerrechtlicher Vereinbarungen oder innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der EU zulässig. Ohne entsprechende Regelungen wäre es den Staaten nämlich aufgrund völkerrechtlicher Grundsätze verwehrt, Hoheitsakte auf fremdem Staatsgebiet zu setzen.

Das Netz der entsprechenden Rechtsvorschriften wurde in den vergangenen Jahren erheblich verdichtet und ausgeweitet. Mittlerweile existiert daher ein entsprechendes, wenngleich unübersichtliches Regelungswerk zur internationalen Amts- und Vollstreckungshilfe. Obwohl die Schwerpunkte dieser internationalen Entwicklungen auf den Bereich der Steuerfestsetzung und den weitreichenden zwischenstaatlichen Informationsaustausch in Steuersachen gelegt wurden, hat sich im Schatten dieser Regelungen auch die internationale Vollstreckungsamtshilfe etabliert. Damit sollen neben der materiellen Besteuerung auch die formelle Durchsetzung und Einhebung der korrespondierenden nationalen Steueransprüche gewährleistet werden.

Konzeptionell haben die Steuerbehörden schon auf Basis der Rechtsgrundlagen für den Informationsaustausch die Möglichkeit, zu relevanten Informationen für eine mögliche Vollstreckung von Forderungen im potenziellen Vollzugsstaat zu gelangen. So kann etwa mit einem Auskunftsersuchen evaluiert werden, ob im Vollzugsstaat überhaupt entsprechende Vermögenswerte vorhanden sind, oder kann der Aufenthaltsort eines Abgabepflichtigen ermittelt werden.

Beitreibungsrichtlinie als Rechtsgrundlage in der EU

Rechtsgrundlage für die eigentliche Vollstreckung von Steuerforderungen ist in der EU insbesondere die Beitreibungsrichtlinie 2010/24/EU, die mit dem EU-Vollstreckungsamtshilfegesetz in Österreich innerstaatlich umgesetzt wurde. Im Verhältnis zu Drittstaaten kommt es darauf an, ob eine entsprechende Vollstreckungsklausel im jeweils anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) völkerrechtlich vereinbart wurde.

Innerhalb der EU läuft die Vollstreckungsamtshilfe voll standardisiert ab. Den Behörden stehen einheitliche Exekutionstitel zur Verfügung, mit denen ausländische Steuerbescheide im Rahmen der Vollstreckungsamtshilfe unmittelbar (ohne weitere Umsetzung in nationales Recht) in Österreich vollstreckt werden und umgekehrt österreichische Steuerbescheide im Ausland durchgesetzt werden können.

Die Möglichkeiten, Steueransprüche innerhalb der EU zu vollstrecken, sind daher höchst effizient. Auch das Netz der DBA mit Drittstaaten, die (im Wesentlichen vergleichbare) Vollstreckungsamtshilfebestimmungen enthalten, ist umfangreich. Im Verhältnis zu solchen Staaten bedarf es aber noch der Anerkennung des Vollstreckungstitels durch den ersuchten Vertragsstaat und ist damit insofern eine administrative Hürde für den Fiskus gegeben.

Der betroffene Steuerpflichtige kann seine Rechtsschutzinteressen wahren, indem er sich gegen ungerechtfertigte Steuervorschreibungen beziehungsweise den Exekutionstitel und/oder rechtswidrige Vollzugsmaßnahmen zur Wehr setzt. Vom konkreten Einwand hängt es ab, welche in- und/oder ausländische Behörde zuständig ist und nach welchem Verfahrensrecht sich das weitere Verfahren richtet. Sind sowohl der konkrete Steueranspruch als auch die konkrete Vollzugsmaßnahme zu bekämpfen, dann muss sowohl im ersuchenden als auch im ersuchten Staat der Rechtsmittelweg bestritten werden.

Vermögenswerte bereitgehalten und blockiert

Wird der zu vollstreckende Steuerbescheid im ersuchenden Staat bekämpft, so hat die Steuerbehörde allerdings noch insofern einen Trumpf im Ärmel, als sie um einstweilige Sicherungsmaßnahmen im Ausland ersuchen kann. Dadurch können Vermögenswerte des potenziell Steuerpflichtigen (etwa Bankkonten oder Immobilien) schon vor der endgültigen Rechtskraft der Steuerbescheide und damit vor deren Vollstreckbarkeit gesichert für die Begleichung der Steuerschuld bereitgehalten und blockiert werden.