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Während die EU über Aufnahmequoten für syrische Flüchtlinge streitet, üben sich die USA und die Golfstaaten in nobler Zurückhaltung.
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Ob bei der Frage der Rettung Griechenlands oder der Aufnahme tausender syrischer Flüchtlinge - immer deutlicher zeigt sich, dass die "Solidarität der Wertegemeinschaft", von der Brüsseler Technokraten und verklärende paneuropäische Intellektuelle jahrzehntelang geträumt haben, an ihre Grenzen stößt.
In Krisenzeiten, wie wir sie gerade erleben, flammen in der Bevölkerung nationalistische Ressentiments wieder auf. Die Kampfrhetorik, zu der europäische Regierungschefs wie der tschechische Präsident Milos Zeman, der britische Premier David Cameron oder der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban greifen, wird zunehmend aggressiver.
Anstatt an einem Strang zu ziehen, setzen gewisse EU-Mitgliedstaaten alles daran, ihre Verantwortung so gut es geht abzuschieben - vor allem, was den Umgang mit der "Flüchtlingskatastrophe" angeht. Vorgelebt wird diese Taktik vom transatlantischen Partner. Betrifft es nicht gerade den vereinten "Kampf gegen den Terror" oder das erhoffte Freihandelsabkommen, so glänzen die USA bei wesentlichen Herausforderungen in ihrer "splendid isolation", in ihrer sicheren geografischen Isolation und strategischen Zurückhaltung.
Während man sich mittlerweile im österreichischen Außenministerium den Kopf zerbricht, warum gerade Österreich für manche Asylwerber attraktiver sei als andere, zieht sich die Flüchtlingsdebatte in Washington recht schleppend dahin. 36 syrische Flüchtlinge haben die USA im Steuerjahr 2013 laut einer Statistik des State Department aufgenommen, 1000 bis 2000 weiteren will die Administration von US-Präsident Barack Obama heuer und in den kommenden Jahren Asyl gewähren. Eine doch erstaunlich geringe Zahl für ein Land, das den Kampf gegen die Herrschaft des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad so vehement forciert und somit erhebliche Mitschuld an der humanitären Tragödie im Nahen Osten trägt. In einem offenen Brief an US-Präsident Barack Obama sprechen einige Senatoren von rund 12.000 Anträgen syrischer Asylwerber. Konkrete Daten, wie viele Flüchtlinge nun von den USA tatsächlich aufgenommen werden, liegen der internationalen Flüchtlingsorganisation UNHCR bis dato nicht vor.
Doch man braucht gar nicht erst über den Atlantik zu blicken. Großzügig sind die Spenden, die die arabischen Golfstaaten Flüchtlingsorganisationen zukommen lassen. Der Golf-Kooperationsrat, dem das wohlhabende Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate angehören, drängte vor zwei Jahren die internationale Gemeinschaft zu einer Militärintervention in Syrien. In keinem einzigen dieser Länder haben syrische Kriegsflüchtlinge bisher Zuflucht gefunden, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagt.
Wann, wenn nicht jetzt, könnten jene Regierungen, die sich Schulter an Schulter für den Sturz von Präsident Assad eingesetzt haben, ihre Solidarität und ihr Verantwortungsgefühl zum Ausdruck bringen? Scheinbar fällt es aber leichter, gemeinsam zu hetzen, zu verurteilen und Waffen an unbekannte radikale Kämpfer zu entsenden, als sich den Konsequenzen, die jeder Bürgerkrieg mit sich bringt, zu stellen.