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Europas Wirtschaftspolitik gegenüber der Dritten Welt führt sein Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit ad absurdum.
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Frauen, Ernährungssicherheit und Armutsbekämpfung sind substanziell miteinander verknüpft. Die Vereinten Nationen widmen diesen drei Themenbereichen demnächst - vom 15. bis zum 17. Oktober - drei aufeinanderfolgende Internationale Tage. Angesichts des realpolitischen Geschehens ließen sich diese allerdings auch als Internationale Tage des Feigenblatts bezeichnen.
Drei Beispiele:
Lela darf ein kleines Fleckchen Land bestellen, das eigentlich gar nicht ihr gehört. Mit dem geernteten Gemüse kann sie ihre Familie gerade noch über die Runden bringen. Jetzt aber hat die äthiopische Regierung das halbe Tal verkauft - an ausländische Investoren, die dort Pflanzen zur Gewinnung von Agrodiesel anbauen.
Celeste lebt mit ihren Kindern unter Plastikplanen am Rande einer Großfarm in Brasilien. Das Gelände liegt seit Jahren brach, die Landlosen dürfen es nicht für ihren Eigenbedarf nutzen. Seit kurzem erstrecken sich riesige Soja-Monokulturen auf dem Gebiet - ein in Europa stark nachgefragtes Mastmittel.
Mama Zé hat ein gutes Händchen für die Hühnerzucht. Auf dem Markt in Dakar konnte sie ihre Hühner bisher erfolgreich verkaufen, aber seit die EU tonnenweise Hühnerflügel zu Billigstpreisen importiert, bleibt sie auf ihrer Ware sitzen.
In der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) kennt man derartige Beispiele zur Genüge. Frauen in ländlichen Gebieten nehmen dabei eine Schlüsselposition ein. Was ihnen an Unterstützung und an Qualifikation ermöglicht wird, kommt ihren Familien und letztendlich der gesamten Gesellschaft zugute. Zahlreiche Projekte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zur Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung zielen deshalb auf die Förderung von Frauen und ihrer Bildung, auf die Sicherung ihrer Rechte sowie auf die Verbesserung von Produktionsmethoden und Vermarktungsstrategien ab.
Doch weit mehr Energie und Geld, als für diese Projekte zur Verfügung gestellt wird, investieren die Industrienationen in die Deregulierung und Liberalisierung der globalen Wirtschaftsbeziehungen - zum Beispiel über die Welthandelsorganisation. Die internationalen Spielregeln werden dabei von den Industrienationen definiert: Im Austausch für EZA-Gelder senken die Entwicklungsländer ihre Importzölle. Ausländische Produktionsüberschüsse - durch Agrarsubventionen gepusht - überschwemmen ihre Märkte zu Dumpingpreisen. Internationale Investoren erwerben ganze Landstriche, um Rohstoffe für den Weltmarkt - wie zum Beispiel Soja oder Palmöl für die Biospritproduktion - anzubauen.
Die Industrienationen profitieren von ihrer Feigenblattpolitik. Für die Entwicklungsländer und ihre Produzentinnen bedeutet es die Zementierung ihrer Abhängigkeit von außen und die Rückkehr in koloniale Verhältnisse.
Frauen wie Lela, Celeste und Mama Zé werden also künftig für die Ernährung ihrer Familien betteln müssen.