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Khamenei versus Ahmadinejad. | Sonderkommission soll Zustand der Gefängnisse prüfen. | Teheran/Wien. Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad sieht wenige Tage vor der Angelobung für seine zweite Amtszeit mit einem rauen Gegenwind konfrontiert: Sein Schützling und erster Vize, Esfandiar Rahim Mashaie, dessen Tochter mit Ahmadinejads Sohn verheiratet ist, beugte sich am Wochenende der Kritik des obersten geistlichen Führers Ali Khamenei und trat zurück. Mashaie, der den Iran vor einem Jahr als Freund des israelischen Volkes bezeichnet hatte, wird nun erster Berater und Büroleiter des Präsidenten.
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Einen bitteren Beigeschmack hinterlässt auch die Entlassung von Geheimdienstminister Gholamhossein Mohsen Ejei, der sich letzte Woche gegen die Ernennung Mashaies aufgelehnt hatte. Nach verwirrenden Berichten sollten auch drei weitere Minister, darunter Kulturminister Hossein Safar Harandi, ebenfalls ein Kritiker Mashais, entlassen werden. Später hieß es, sie würden im Amt bleiben.
Tod im Foltergefängnis
Die Regierungsmitglieder sind nicht die einzige Sorge des Präsidenten. Auch der Tod von Mohsen Ruholamini im berüchtigtem Evin-Gefängnis, der im Iran ein wie eine Bombe einschlug, macht ihm Kopfzerbrechen: Denn Ruholamini ist der Sohn des Leiters des Teheraner Pasteur-Instituts. Und der wiederum ist einer der besten Freunde des bei der Präsidentschaftswahl unterlegenen Kandidaten Mohsen Rezaie. Ruholamini wurde am 9. Juli während einer Demonstration festgenommen, am Sonntag holte seine Familie dessen Leichnam ab. Nun mehren sich auch im Inneren Irans Stimmen, die sich gegen die Vorgangsweise der Milizen auflehnen. Ihr Sprachrohr ist der neokonservative Parlamentspräsident Ali Larijani. Eine von ihm eingesetzte Untersuchungskommission soll prüfen, wie mit den Gefangenen umgegangen wurde.
Aufzuklären gibt es ja mehr als genug, denn staatlichen Berichten zufolge wurden bei den Protesten zwischen 1000 und 2000 Menschen verhaftet und rund 30 getötet. Amnesty International nennt doppelt so hohe Zahlen.
Am Wochenende bekam Irans geknebelte Opposition tatkräftige Unterstützung der Exiliraner: In weltweit 52 Städten, darunter London, Paris und Wien protestierten über zwei Millionen Exiliraner gegen die Wahl und forderten die Freilassung der Gefangenen.
Solidarität mit den Opfern zeigt auch Irans Oppositionsführer Mir Hossein Moussavi. Er will eine Trauerfeier für die Opfer der Regierungsproteste veranstalten und beantragte für kommenden Donnerstag eine entsprechende Erlaubnis.
Moussavi und der ebenfalls unterlegene reformorientierter Präsidentschaftskandidat Mehdi Karroubi fordern eine schlichte 90 Minuten lange Gedächtnis-Veranstaltung im Norden Teherans und sagten zu, dass es dabei keine politischen Äußerungen geben werde. Unterstützt werden sie vom mächtigen Ex-Präsidenten Ali Akbar Hashemi Rafsanjani. Dieser bekräftigte am Sonntag bei einem Gespräch mit Universitätsprofessoren seinen Standpunkt. Er hatte am 17. Juli beim Freitagsgebet unter anderem die Freilassung festgenommener Demonstranten verlangt und die Situation im Iran offen als "Krise" bezeichnet. Ungeachtet all dieser Turbulenzen im Land soll Ahmadinejad am 5. August vereidigt werden.
Siehe auch:
Analyse: Angst vor der Opposition: Khamenei weist Ahmadinejad in die Schranken