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2009 kostete Streit mit Voggenhuber Stimmen, heuer beförderten interne Rivalitäten die Mobilisierung.
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Wien. Interner Streit ist einer Wahl üblicherweise nicht gerade förderlich. Das wissen die Grünen seit 2009, als Johannes Voggenhuber wegen seiner Nichtberücksichtigung bei der Kandidatenerstellung fürs EU-Parlament für Stunk sorgte. Auch diesmal gab es im Vorfeld der Europawahl Zoff bei der Ökopartei. Während die Grünen 2009 aufgrund der internen Querelen Verluste einfuhren, bewiesen sie am Sonntag, dass Konkurrenz das Geschäft tatsächlich auch beleben kann.
Bei den Grünen wird der Erfolg natürlich in erster Linie der Spitzenkandidatin zugeschrieben. Tatsächlich hat Ulrike Lunacek massiv dazu beigetragen, dass die Grünen das beste Resultat auf Bundesebene aller Zeiten einfuhren. Vor allem im Rennen (und in den TV-Konfrontationen) mit den Neos machte sie mit ihrer politischen Erfahrung wichtige Punkte. Dabei kam ihr entgegen, dass die Grünen längst in der gesellschaftlichen Mitte angekommen sind.
Angriff auch auf rote Bezirke
So lagen sie österreichweit in keinem Bezirk unter fünf Prozent, in Dornbirn, Innsbruck, Graz und zehn Wiener Bezirken sogar an erster Stelle. Dabei knüpft man mittlerweile nicht nur den Schwarzen in den Städten die Wähler ab, sondern kann auch in traditionell roten Stadtteilen wie Hernals, Rudolfsheim-Fünfhaus oder Landstraße reüssieren.
Lunacek profitierte auch davon, dass die Neos - allen voran Spitzenkandidatin Angelika Mlinar - im Wahlkampf massiv schwächelten. Dadurch blieben die pinken Politneulinge unter den vor allem selbst hochgesteckten Zielen.
Was die Grünen aber besser als alle anderen Parteien machten, war die Mobilisierung ihrer Wähler. Und hier half den Grünen das, was ihnen vor fünf Jahren noch geschadet hat: interne Rivalitäten. Die niederösterreichische Parteichefin Madeleine Petrovic, erbost ob der schlechten Platzierung bei der Listenerstellung, eröffnete - mit einem 200.000-Euro-Polster der Landespartei - einen Vorzugsstimmenwahlkampf. Ziel war es, den Burgenländer Michel Reimon vom relativ fixen zweiten Mandat zu verdrängen. Dieser wiederum setzte in erster Linie auf die sozialen Medien. Ob Petrovic eine Vorreihung schafft, wird sich wohl erst am Mittwoch zeigen. Weil die Grünen aber statt der fixen zwei sogar drei Mandate geschafft haben, würde in dem Fall nicht Reimon um seinen Sitz im Europaparlament umfallen, sondern die Wienerin Monika Vana.
Auf der EU-skeptischen Welle
Fragt man Lunacek nach dem Geheimnis ihres Erfolges, sagt sie: "Weil wir die Einzigen waren, die einen Themenwahlkampf geführt haben." Tatsächlich, und das werden die Grünen selbst nur ungern zugeben, lag es aber auch daran, dass sie zu einem gewissen Grad auf der Welle der Europaskepsis mitgeschwommen sind. So kritisierte der Politikwissenschafter Anton Pelinka vor zwei Wochen: "Alle grünen Slogans könnten auch bei der FPÖ hängen." Tatsächlich bedienten auch die Grünen auf ihren Plakaten zahlreiche EU-Klischees. Aber nur so konnten sie auch ein Stück des europakritischen Hans-Peter-Martin-Wählerkuchens abschneiden.
Mit 14,5 Prozent können sich die österreichischen Grünen auch in Europa sehen lassen. Nur in Belgien und Schweden waren die Ökos noch erfolgreicher. Ob sie diesen Schwung auch in die kommenden Wahlen mitnehmen können, bleibt abzuwarten. Für die EU-Wahl hat jedenfalls alles gepasst: Spitzenkandidatin, internes gegenseitiges Pushen, eine Bundesregierung, die genügend Angriffsfläche bietet, und ein schwächelnder direkter Konkurrent. Wenn es im September etwa um Vorarlberg geht, wird auch die dortige Volkspartei ganz anders laufen, als sie es im Europawahlkampf getan hat.