Zunehmende Mobilität ermöglicht laut Brauner Bündelung des Bürgerservice.
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"Wiener Zeitung":Es ist ja bald Halbzeit der Legislaturperiode - was hat sich durch die grüne Regierungsbeteiligung in der Stadtpolitik verändert?Renate Brauner: Die Grünen haben einen kritischen Blick von außen eingebracht, was der Stadt sicherlich gut tut. Im Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds (Waff) gibt es jetzt etwa einen Schwerpunkt auf Öko-Jobs und es wurde das Bürgersolarkraftwerk geschaffen - das heißt jetzt nicht, dass wir nicht auch auf die Idee gekommen wären, aber hier stehe ich nicht an zu sagen, dass diese Themen den Grünen näher gelegen sind.
Also ist es besser mit den Grünen als ohne?
Nein, wenn wir uns anschauen, wie die Stadt wirtschaftlich dasteht, dann muss man sagen, dass das nicht nur auf die vergangenen zwei Jahre zurückzuführen ist. Rot-Grün ist aber absolut die zweitbeste Möglichkeit für Wien.
Wie kann eine Stadt aufklaffende Finanzlöcher - wie etwa die Mehrkosten einer Nacht-U-Bahn oder die Einführung des Gratiskindergartens - ohne Quersubventionierungen kompensieren?
Da muss man die Dinge auseinanderhalten: Das eine ist eine bewusste Entscheidung, wie zum Beispiel die Nacht-U-Bahn. Ich wurde damals heftig dafür kritisiert, dass ich die Kostenfrage dafür in die Volksbefragung mit hineingenommen habe. Ich habe das aber gemacht, weil die Mittel dafür aus dem allgemeinen Steuertopf kommen. Die 5,2 Millionen Euro für den Nachtbetrieb fallen schließlich nicht vom Himmel - so viel zur Kritik, die SPÖ habe nur "Nona-Fragen" gestellt.
Die Kostenfrage ließ eine Tendenz der SPÖ erahnen.
Es ist kein Geheimnis, dass ich skeptisch in dieser Frage war - mittlerweile muss ich sagen, es ist ein sensationeller Erfolg und es ist für mich als Politikerin keine Schande zuzugeben, dass ich das nicht so eingeschätzt hätte.
Das Geld für solche Projekte kommt also aus dem Steuertopf. Was passiert aber, wenn es - etwa krisenbedingt - unerwartet weniger Steuereinnahmen gibt?
Hier werden politische Antworten gegeben. Ich könnte sagen, bei weniger Einnahmen gebe ich nichts mehr aus: Ich baue keine Schulen, ich stoppe den U-Bahn-Ausbau. Wir haben es anders gemacht - wir haben bewusst mit Fremdmitteln diese antizyklischen, konjunkturaufbauenden Investitionen finanziert.
Aber auch der Steuertopf hat einen Boden.
Natürlich. Da Geld bekanntlich nicht am Baum wächst, haben wir jetzt einen Reform- und Wachstumspakt beschlossen und fahren die Neuverschuldung schrittweise zurück.
Aber hat nicht auch jede Strukturreform ihre Grenzen?
Die Idee der antizyklischen Wirtschaftspolitik ist ja, dass nur durch Wachstum mehr Einnahmen zu erwarten sind. Jedes neue von der Stadt geförderte Wiener Unternehmen bringt mir wieder Steuermittel. Aber wenn die Stadt sagt, wir bauen keine U-Bahn mehr, dann hängen hunderte Unternehmen in der Luft.
Das bedeutet aber auch, weiterhin Schulden machen zu müssen.
Dass die Stadt Wien so ein großer Schuldner sein soll, ist überhaupt nicht wahr. In guten Zeiten hatten wir immer einen Überschuss, in schwierigen Zeiten wurden Fremdmittel aufgenommen, um den Wirtschaftskreislauf in Schwung zu halten und wieder Einnahmen zu lukrieren.
Weil das Stichwort Waff bereits gefallen ist - wann ist die Umstrukturierung abgeschlossen?
Die fünf Standorte des Waff werden auf einen im zweiten Bezirk konzentriert. Ende des Jahres ist dieser Prozess abgeschlossen.
Aber ist es nicht ein Nachteil, dass man aus den Bezirken hinausgeht?
Nicht unbedingt. Mittlerweile ist man vom Verteilerkreis Favoriten mit der U-Bahn schneller am Stephansplatz, als wenn man nach Unterlaa zum Heurigen fährt. Die Mobilität der Stadt nimmt ständig zu. Das erlaubt auch Strukturreformen: Wenn ich gewisse Außenstellen auflöse, das Geld in den Internetauftritt investiere und eine gut erreichbare Zentrale habe, dann bin ich bürgernäher als mit vielen versteckten Außenstellen.
Wie viel erspart man sich dadurch?
Da sind wir in der Größenordnung von 200.000 Euro im Jahr.
Wie viel wird die Ausweitung des Parkpickerls bringen?
Wir sind für jeden Cent dankbar. Aber bei der Ausweitung geht es wirklich nicht nur um das Geld, wie viele gerne behaupten, sondern vor allem um die Verkehrslenkung.
Sind dann die Wassertaxis, die von der Wien Holding angekündigt wurden, nicht ein Luxus?
Die Idee wird gerade auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft. Prinzipiell halte ich das für eine gute Idee. Zuschüsse können wir uns aber dafür keine leisten.
Wozu braucht die Wien Holding ein so großes Immobilien-Portefeuille?
Um Stadtentwicklung zu betreiben - dort wo der Markt nicht funktioniert, braucht man einen Anschub, damit sich dort etwas tut. Eine Vielzahl von Projekten würde es nicht geben, wenn sich die Stadt nicht darum gekümmert hätte.
Warum tritt die Gemeinde Wien in manchen Projekten wie etwa Neu Marx als kompliziertes Firmengeflecht auf?
Das sind alles Firmen, die der Stadt gehören oder an denen die Stadt beteiligt ist, und diese haben unterschiedliche Aufgaben. Für das Mediaquarter Marx arbeiten etwa WSG und ZiT (Technologieagentur der Stadt Wien) zusammen. Die WSE entwickelt Projekte, die ZiT ist für die Wirtschaftsförderung zuständig - und dafür hat sie viele private Partner.
Angeblich undurchsichtige Investoren, die 60 Prozent des Medienzentrums halten sollen ...
Nachdem diese Gerüchte aufgetaucht sind, hat die ZiT einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer beauftragt, um das ganz genau zu prüfen.