Wichtig für Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ist, dass es zu einer laufenden Evaluierung der Ausgaben und Einnahmen bei der Gesundheitsfinanzierung kommt. Mit neu lukrierten Geldern und Sparmaßnahmen würde das österreichische Gesundheitssystem auch in Zukunft bestehen können.
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"Wiener Zeitung": Was sind die nächsten Schritte bei der Gesundheitsreform?
Maria Rauch-Kallat: Die Implementierung der Maßnahmen, die wir im Dezember im Parlament beschlossen haben. Im April wird die Bundesgesundheitsagentur tätig werden. Die Gesundheitslandesräte haben mir versichert, dass sie spätestens im Herbst die Gesetze im Landtag haben werden, sodass mit 1. Jänner 2006 die Landesgesundheitsplattformen ihre Arbeit aufnehmen können.
"Wiener Zeitung": Bis jetzt wurden in der Gesundheitsreform eine Neustrukturierung des Hauptverbandes realisiert und die Kosten für die Patienten erhöht.
Maria Rauch-Kallat: Es hat im Wesentlichen zwei große Schritte gegeben. Der erste große Schritt war das Arzneimittelpaket, das schon 2003 beschlossen wurde. Der zweite große Schritt. Das Arzneimittelpaket zeigt durchaus positive Wirkungen. Wir haben hier im Jahr 2004 bereits die prognostizierten Kostensteigerungen von 10 Prozent auf drei bis vier Prozent senken können. Der Gang des Patienten zum Chefarzt ist hoffentlich bald Geschichte. Das Verzeichnis zum Erstattungskodex wird hoffentlich bald in einer für die Ärzte gut zu handhabenden Form vorliegen.
"Wiener Zeitung": Es kam in letzter Zeit zu Klagen, dass keine Großpackungen mehr verschrieben werden und die Patienten hier aufgrund der Rezeptgebühr, die diese nun öfters zu zahlen haben, zur Kasse gebeten werden
Maria Rauch-Kallat: Ich habe den Hauptverband mehrmals aufgefordert, für chronisch Kranke und für Osteoporose-Patienten eine bessere Regelung zu finden. Es bedarf auch einer Klärung über die Produkte, die im Zuge der Chefarztpflicht nicht in das Boxensystem übernommen wurden. Auch damit wird sich die Heilmittel-Evaluierungskommission noch einmal befassen. Bis Sommer müsste das geklärt sein.
"Wiener Zeitung": Die Ärzte forderten auch eine Entrümpelung der "No Box", in der sich Medikamente befinden, die jetzt nicht mehr bewilligt werden.
Maria Rauch-Kallat: Medikamente, die sich in der "No Box" befinden, waren früher auch dort, nur hat es eben anders geheißen.
"Wiener Zeitung": Warum dann der Aufruhr, dass Patienten die Medikamente nicht mehr bekommen, die sie früher bekommen haben?
Maria Rauch-Kallat: Da gab es Entscheidungen, die von der jeweiligen Evaluierungskommission getroffen wurden, die nicht meinen Vorstellungen entsprochen haben. Hier besteht auf jeden Fall noch Handlungsbedarf.
"Wiener Zeitung": Es gibt die Forderung der Ärzte, dass es weniger bewilligungspflichtige Medikamente geben müsste.
Maria Rauch-Kallat: Diese Forderung ist in manchen Punkten nachvollziehbar. Heilmittelkommission und der Hauptverband befassen sich damit.
"Wiener Zeitung": Die E-Card ist im Probebetrieb. Wann wird der Krankenschein-Ersatz flächendeckend eingesetzt werden können?
Maria Rauch-Kallat: Das System muss bis 1. Jänner in Österreich implementiert sein. Wir lassen uns ein bisschen Luft und wollen es bis Ende November schaffen.
"Wiener Zeitung": Datenschützer befürchten, dass es im Zuge der E-Card und des eingeführten Kontrollpunktes (Peering Point), nur allzu leicht zu Datenmissbrauch kommen könnte.
Maria Rauch-Kallat: Ich bin der Meinung, dass man gezielte Vorkehrungen treffen muss, um Missbrauch vorzubeugen. Gesundheitsdaten müssen besonders sensibel behandelt werden. Daher haben wir eine Steuergruppe eingerichtet, die sich mit der elektronischen Gesundheitsakte auseinandersetzen wird.
"Wiener Zeitung": Die Erhöhung des Spitalskostenbeitrages wurde den Ländern freigestellt? Ist hier schon etwas passiert?
Maria Rauch-Kallat: Da gibt es von Land zu Land unterschiedliche Regelungen.
"Wiener Zeitung": Wie sieht es mit der Ausgliederung der Spitäler aus?
Maria Rauch-Kallat: Die Restrukturierung der Spitäler ist laufend im Gange und ist Landessache. Ab 2006 wird das in den Plattformen zu erledigen sein. Wobei wichtig ist: Mehr Mitsprache für Krankenversicherung und niedergelassene Ärzte. Sie können nicht einfach nur Spitäler schließen und die notwendige Infrastruktur für die Patienten nicht haben.
"Wiener Zeitung": Die privaten Spitäler fühlen sich, was die Kostenrückerstattung betrifft, benachteiligt.
Maria Rauch-Kallat: Die privaten Spitäler werden valorisiert. Das habe ich ihnen versprochen und das bekommen sie auch. Das ist im ASVG-Paket enthalten.
"Wiener Zeitung": Die Zusammenlegung der SVA der gewerblichen Wirtschaft und der Bauernversicherung wird überlegt. Übernimmt der Bund die Schulden der defizitären Bauernversicherung?
Maria Rauch-Kallat: Die Bauernkrankenkasse hat keine Schulden. Die haben wir vor dem Sommer 2004 saniert. Das war ja überhaupt die Grundbedingung, dass hier Verhandlungen mit der Wirtschaft aufgenommen wurden. Ende des Jahres kommt es hier voraussichtlich zu einem Abschluss.
"Wiener Zeitung": Das Budgetdefizit der Krankenkassen wird immer höher, obwohl die Patienten immer mehr zahlen. Brauchen wir langfristig ein neues Sozialversicherungsgesetz?
Maria Rauch-Kallat: Wir brauchen kein neues Sozialversicherungsgesetz, sehr wohl aber eine laufende Evaluierung von Ausgaben und Einnahmen. Diese Regierung hat dafür gesorgt, dass durch Zufuhr von neuen Geldern und durch Sparmaßnahmen der Bedarf gedeckt werden konnte. So haben wir etwa die Beiträge von Arbeitern und Angestellten harmonisiert: Die Beiträge der Arbeiter wurden gesenkt, jene der Angestellten erhöht. Da es aber mehr Angestellte gibt, haben die Krankenkassen 100 Mio. Euro mehr erhalten.
Das Gespräch führte Ina Weber