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Heinrich Schmidinger, Rektor der Universität Salzburg und Professor für christliche Philosophie, sieht im Interview mit der "Wiener Zeitung" die Universitäten in einer schwierigen Lage. Es fehlt an Geld für dringende Investitionen. Um dem Ansturm der Studierenden zu begegnen, müsste man die "Anforderungen erheblich hinaufschrauben".
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"Wiener Zeitung": Herr Rektor, die Rektoren haben kürzlich als dringende Forschungsinvestition 100 Mio. Euro gefordert. Die Bildungsministerin hat 50 Mio., aufgeteilt auf zwei Jahre, in Aussicht gestellt. Kommt Ihnen das einigermaßen entgegen, oder fühlen Sie sich damit abgespeist?
Heinrich Schmidinger: Zunächst zu den 100 Mio. Diese enorme Summe kam dadurch zustande, dass die Einsparungen in den letzten Jahren in erster Linie bei den Investitionen getätigt wurden. Aber wenn man das jahrelang macht, rächt sich das irgendwann - und dann wird die Sache teuer. Für 21 Universitäten, die jetzt unbedingt nachrüsten müssten, sind auch 100 Mio. nicht sehr viel. Was die zweimal 25 Mio. betrifft, so sind wir natürlich froh, wenn sie kommen. Es hat ja schon vor einem Jahr geheißen, es wird für drei Jahre je 18 Mio. geben, jetzt sollen es für die beiden nächsten Jahre 25 Mio. werden.
"Wiener Zeitung": Diese Gelder müssen auf 21 Universitäten aufgeteilt werden. Gibt es da einen vorgegebenen Schlüssel?
Heinrich Schmidinger: Ich weiß nicht, wie es bei den nächsten zwei Raten sein wird, aber im vergangenen Jahr mussten eigene Anträge gestellt werden. Das Ministerium hat eine Kommission eingesetzt, und die hat letztlich entschieden, wie viel welche Universität bekam.
"Wiener Zeitung": Es könnte theoretisch also passieren, dass einzelne Unis sehr wenig bekommen?
Heinrich Schmidinger: Das war auch im vergangenen Jahr der Fall. Das Ergebnis der Verteilung ist mir bis heute nicht wirklich plausibel.
"Wiener Zeitung": Wofür wird dieses Geld ausgegeben? Der Aufschrei der Rektoren bezog sich auf Forschungsinvestitionen, jetzt ist von Infrastruktur die Rede. Was ist darunter zu verstehen?
Heinrich Schmidinger: Das ist ein sehr weiter Begriff. Darunter fallen etwa notwendige Gebäudesanierungen. Wir haben in Salzburg ein Gewächshaus des Botanischen Instituts, wenn wir da nicht bald investieren, wird es verfallen. Ein weiterer wichtiger Faktor sind natürlich für die Forschung wichtige Geräte. Da ist in den letzten Jahren überall sehr gespart. Wenn man weiter in der Forschung international mithalten will, dann ist es einfach notwendig, ständig Dinge anzuschaffen. Und diese Geräte sind wahnsinnig teuer, sie kosten Hunderttausende, wenn nicht sogar Millionen Euro. Und dafür müssten diese Gelder eingesetzt werden. Das schaffen die Universitäten nur mit Unterstützung des Staates.
"Wiener Zeitung": Trotz der Studiengebühren steigen die Zahlen der Studierenden. Wirken sie also nicht so abschreckend, wie manche vorhergesagt haben?
Heinrich Schmidinger: Offensichtlich nicht. Ich glaube, dass die Studiengebühren nur für einen kleinen Teil der Studierenden eine echte existenzielle oder finanzielle Herausforderung darstellen. Wir merken das an der relativ geringen Zahl der Anträge für Stipendien. Der allergrößte Teil, und die steigenden Inskriptionszahlen bestätigen es zusätzlich, kann die Studiengebühren bezahlen. Dass die Zahlen zunehmen, hängt nicht zuletzt mit dem Bakkalaureatsstudium zusammen. Man bekommt jetzt in kürzerer Zeit einen universitären Abschluss. In Salzburg haben wir einige Bakkalaureatsstudien, und dort sind überall starke Zuwächse zu verzeichnen. Wir haben zum Beispiel heuer erstmals ein solches Studium für Wirtschaft und Recht angeboten, und sofort haben über 400 Leute dafür inskribiert.
"Wiener Zeitung": Es gab in Wien Auseinandersetzung um das heillos überlaufene Publizistik-Institut. Brauchen wir überhaupt so viele Menschen, die ein solches Studium absolvieren? Müsste man da vielleicht nicht einen Numerus clausus, aber doch eine Studieneingangsphase einführen, die die Zahl der Studenten auf ein vertretbares Maß begrenzt?
Heinrich Schmidinger: Ich glaube auch, dass eine solche Eingangsphase sehr viel bringen würde, vor allem, wenn auch die Studierenden entsprechend aufgeklärt werden. Es geschieht hier ja schon viel: Es gibt Berufsinformationsmessen, es gibt Veranstaltungen aller Art, Beratung von Maturanten in den Schulen. Solange wir aber vom Gesetz her keine Möglichkeit der Begrenzung haben, können wir auch nur begrenzt darauf reagieren.
Ich bin auch zurückhaltend, die ganze Schuld auf die Politik und auf das Ministerium zu schieben. Wenn es solche Mengen an Studierenden werden wie bei der Publizistik in Wien, tun sich alle schwer damit. Den Zugang zum Studium wollen wir nicht verhindern, aber die Anforderungen müssen wir erheblich hinaufschrauben.
"Wiener Zeitung": Wie hoch sind die Drop-out-Raten? Haben die Studiengebühren ein zielstrebigeres Studieren gefördert?
Heinrich Schmidinger: Die Leute studieren sicher rascher. Das merke ich an den Promotions- und Sponsionsfeiern: Die gab es früher zwei- bis dreimal im Semester, jetzt finden sie viel öfter statt. Bei den Drop-out-Raten sind die Studiengebühren nur ein Faktor unter vielen.
"Wiener Zeitung": Es gab in Salzburg Proteste wegen der Studiengebühren für ausländische Hörer. Wie stehen Sie dazu?
Heinrich Schmidinger: Es ging vor allem um Studierende aus der Türkei, für die die Gebühren verdoppelt wurden. Ich habe das schon verstanden. Es gibt Länder, die wie die Türkei nicht zur EU gehören, für die hat man die Studiengebühren nicht verdoppelt. Da verstehe ich, dass die türkischen Studierenden gesagt haben, sie tun sich schon schwer, die normalen Studiengebühren aufzubringen, und wenn das dann verdoppelt wird, muss die Begründung dafür schon sehr stichhaltig sein.
"Wiener Zeitung": Die Universitäten können aber auf dieses Geld auch nicht verzichten?
Heinrich Schmidinger: Da liegt ja das Problem. Für die Universität Salzburg hält sich das Problem in Grenzen. Es gibt aber andere, etwa die Wirtschaftsuniversität in Wien, da geht es gleich um Hunderttausende von Euro, die durch Studiengebühren hereingebracht oder eben nicht hereingebracht werden. Die Politik kann dieses Problem nicht einfach den Universitäten überlassen. Man hat ja unser Budget praktisch um den Betrag der zu erwartenden Studiengebühren gekürzt. Wir sind auf die Studiengebühren unbedingt angewiesen. Ich könnte kein Budget ohne Studiengebühren überstehen.
Das Gespräch führte Heiner Boberski