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Interview mit Nationalratspräsident Khol

Von Walter Hämmerle

Politik

Fünf Jahre nach der Angelobung von Schwarz-Blau sieht Nationalratspräsident Andreas Khol keinen Anlass mehr für dramatische Metaphern. Sprachbilder, wie jenes vom "Marsch durch die Wüste Gobi" als Sinnbild für die Größe der anstehenden Reformaufgaben haben damit ausgedient. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" hofft Khol nun auf satte Weideflächen.


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"Wiener Zeitung": Was liegt eigentlich vor einem, der die Wüste Gobi durchquert hat?

Andreas Khol: Sicherlich nicht das gelobte Land, aber doch satte Weideflächen.

"Wiener Zeitung": Sind wir denn bereits dort angekommen?

Andreas Khol: Wir sind auf dem Weg dorthin, die Wüste liegt jedenfalls schon hinter uns. Der Großteil der Reformen ist mit der Pensionsharmonisierung erledigt, was jetzt kommt, ist normale Politik - und für dramatische Metaphern ist angesichts von so viel Normalität kein Anlass mehr.

"Wiener Zeitung": Rückblickend betrachtet hat jede Regierungsform ihre historische Aufgabe: Die SPÖ-Alleinregierung hat Österreich gesellschaftspolitisch modernisiert, die rot-schwarze Koalition ist angetreten, um den EU-Beitritt des Landes zu bewerkstelligen. Wann ist die historische Mission von Schwarz-Blau erfüllt?

Andreas Khol: Epochen kann man nur rückblickend erkennen. Schwarz-Blau hat die Umsetzungsphase der Reformen noch vor sich, vieles muss noch weitergeführt werden.

"Wiener Zeitung": Die Mission ist also nach zwei Legislaturperioden noch nicht erfüllt?

Andreas Khol: Nein, das kann man nicht sagen. Unsere Aufgabe war, das politische System auf eine Wettbewerbsdemokratie umzustellen, alle Parteien in den Verfassungsbogen zurückzuholen, die Sozialpartnerschaft neu zu beleben, das Sozialsystem auf Nachhaltigkeit umzustellen und die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Diese Ziele haben wir erreicht, ich bin zufrieden.

"Wiener Zeitung": Was wäre denn die historische Mission von Schwarz-Grün?

Andreas Khol: Darüber habe ich noch nicht nachgedacht - zuerst wird gewählt.

"Wiener Zeitung": In der Rückschau auf die Ereignisse von vor fünf Jahren entdecken Beobachter, dass die Maßnahmen der EU-14 auch positive Folgen hatten. Teilen Sie diese Einschätzung?

Andreas Khol: Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade. Doch diejenigen, die die Sanktionen veranlasst haben, hatten nur die krummen Zeilen beabsichtigt. Dass Vernunft und Volk daraus doch eine gerade Schrift entstehen haben lassen, ist eine glückliche Fügung - und keine Rechtfertigung für jene.

"Wiener Zeitung": Sie gelten als der ideologische Pontifex Maximus der Volkspartei ...

Andreas Khol: ... das passt zwar nicht, ist mir aber immerhin lieber als Suslow [Michail; Chefideologe der KPdSU in den 60er und 70er Jahren; Anm.].

"Wiener Zeitung": ... wieso hat die ÖVP mit der Ablehnung der Ganztagsschule in der Bildungspolitik so lange auf das falsche Pferd gesetzt?

Andreas Khol: Die Schulpolitik hat sicherlich unter der Blockade durch die Zweidrittelmehrheit gelitten, das ist keine Frage. Die jetzigen Veränderungen sind die Folgen einer grundlegend anderen Lebenssituation in Bezug auf die Bedürfnisse von Familien, Frauen und Arbeitswelt. Wir können keine Politik für ein Familienbild machen, das es so nicht mehr gibt - daher muss man ganztägige Schulbetreuung anbieten.

"Wiener Zeitung": Das droht nun jedoch am Streit, wer für die Kosten dafür aufzukommen hat - Bund oder Länder? -, zu scheitern.

Andreas Khol: Das glaube ich nicht.

"Wiener Zeitung": Wann wird es dieses flächendeckende Angebot geben?

Andreas Khol: Von Gesetzgeberseite soll das im ersten Halbjahr 2005 erfolgen.

"Wiener Zeitung": Mit der Abschaffung der Zweidrittelmehrheiten im Schulbereich wird also nicht gewartet, bis es eine Einigung im Konvent gibt?

Andreas Khol: Das würde ich nicht machen, schließlich hat die SPÖ bereits angekündigt, dass sie noch mindestens 18 Monate im Parlament über die Ergebnisse des Konvents verhandeln möchte.

Das Gespräch führte Walter Hämmerle