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Einige US-Schriftsteller sind also nicht "Charlie". Der Internationale Schriftstellerverband PEN hat angekündigt, das Satire-Magazin "Charlie Hebdo", dessen Belegschaft im Jänner Opfer eines Terroranschlags geworden ist, auszuzeichnen. Und zwar mit dem "Toni and James C. Goodale Freedom of Expression Courage Award". Also einem Preis, der den Mut zur Meinungsfreiheit belohnt. Einige US-Autoren finden das nicht angebracht. Rachel Kushner, für ihren politisch versierten Roman "Flammenwerfer" gefeiert, will die Preisverleihung boykottieren, der "New York Times" gegenüber begründet sie das mit der "kulturellen Intoleranz" der Zeitschrift. Kurzgeschichten-Virtuosin Deborah Eisenberg formuliert das etwas drastischer und umschreibt die "Charlie Hebdo"-Redakteure als weniger mutige, denn übermütige Menschen, die "einen halluzinierenden, bewaffneten Soldaten reizen, die nackt im Winter rumlaufen, vom Abwasserkanal trinken oder die versuchen, Sex mit einem Wildschwein zu haben." Literaturstar Teju Cole hatte schon nach dem Anschlag geschrieben, die "Charlie"-Karikaturen seien oft "rassistische und islamophobe Provokationen". Er verweigert dem Magazin auch jetzt den Applaus und verweist auf Persönlichkeiten wie Raif Badawi und Edward Snowden.
Der frühere PEN-Präsident Salman Rushdie hat sich wiederum auf Twitter wenig vornehm zur Causa gemeldet: Er meint, die kritisierenden Schriftsteller seien einfach Weicheier auf der Suche nach einem Charakter. Und das Schöne dabei ist: Jede der beiden Seiten darf ihre Meinung haben. Gehört gar nicht so viel Mut dazu.