Die Berichte über Stromausfälle in den USA und Europa häufen sich, erst am Dienstag war Skandinavien stundenlang ohne elektrische Energie. Die Schuld an dieser Entwicklung wird seitens der Energieversorger der Liberalisierung gegeben.
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Stefan Gewaltig, in der EU-Kommission mit Energiefragen befasst, will diese Interpretation nicht bestätigen - was nicht verwundert, immerhin war es die EU, die das Liberalisierungsprojekt vorangetrieben hat. Gewaltig räumt aber ein, dass solche Störfälle ernst zu nehmen seien. "Wir müssen sicherstellen, dass ausreichende Kapazitätsreserven bei der Energieerzeugung vorhanden sind, Investitionen in die Erzeugung sind erforderlich", so der Experte im Rahmen des Internationalen Energiesymposiums 2003 gestern in Fuschl. Auch die Investitionen in bestehende und neue Netze dürften nicht vernachlässigt werden. Denn trotz aller Liberalisierung dürfe die Energieversorgung nicht dem freien Markt überlassen werden. "Ohne Vorgaben geht es nicht."
Mit diesen Worten rennt er bei den Energieversorgern offene Türen ein. Fehlende Leitungen und neue Kraftwerke sind zwei Hauptanliegen des Verbundes. Den Forderungen wird mit Daten Gewicht verliehen: Allein im 1. Halbjahr 2003 stieg der Stromverbrauch in Österreich um 4,2%, betonte Verbund-Chef Hans Haider. "Diese Zuwächse sind sicherlich dauerhaft mit oder ohne Ökostrom von der Energiewirtschaft nicht zu bewältigen." Die Regulierungsbehörde E-Control nahm vor der Liberalisierung an, dass die heimischen Kapazitätsreserven rund 35% ausmachen. Doch laut Haider wären diese Berechnungen zu hoch gegriffen, die Reserven lägen nur bei 25% und seien seit der Strommarktöffnung weitgehend aufgebraucht. Deshalb sei die Eröffnung des neuen Gaskraftwerkes nahe Graz notwendig.
Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll setzt bei der Energieerzeugung lieber auf Ökostrom. Er hält an dem Ziel, bis 2010 mindestens 4% aus erneuerbarer Energie zu gewinnen, fest. Ob die derzeitigen Einspeistarife für Windkraft zu hoch sind, gelte es zu evaluieren. "Wenn der Windkraft-Boom anhält, müssen wir die Tarife senken." Dass aber die höheren Kosten durch den Ökostrom ein Wettbewerbsnachteil seien, glaubt er nicht. "Diese Darstellung ist übertrieben. Die Belastung beträgt zwischen 0,9 und 1,5% für die Kunden, das ist marginal."
Noch dazu, wo in den umliegenden Ländern der Strom teurer sei als in Österreich. Seine Botschaft: Saubere Energie müsse den Verbrauchern hierzulande auch etwas wert sein.