Der rumänische Botschafter im "WZ"- Interview über Chancen des EU-Beitritts. | Österreichs EU-Vorsitz weckt hohe Erwartungen. | Wien. In eine für Rumänien heikle Phase fällt Österreichs EU-Ratsvorsitz. Eine Klausel im Beitrittsvertrag ermöglicht den EU-Staaten, den Beginn der Mitgliedschaft des Landes um ein Jahr auf 1. Jänner 2008 zu verschieben. Die Entscheidung dafür fällt im Frühjahr.
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Rumäniens Botschafter, Andrei Corbea-Hoisie, gibt sich zuversichtlich: "Wir sind sicher, dass unsere Leistungen überzeugen werden." So hätte Österreichs Justizministerin Karin Gastinger bei einem Treffen mit ihrer rumänischen Kollegin Monica Macovei die Justizreform gelobt. Die Korruption, die vom letzten Kommissionsbericht kritisiert wurde, sei erfolgreich bekämpft worden: "Die Schmiergeldzahlungen bei Vertragsabschlüssen sind von 2,5 Prozent im Jahr 2002 auf 0,7 Prozent gesunken. Der EU-Durchschnitt liegt bei 0,5 Prozent." Ebenso sei Rumänien den Forderungen nach besserem Grenzschutz nachgekommen. Künftig gelte die Visa-Pflicht auch für die Bürger Moldawiens.
Zögerliche Ratifizierung
Corbea-Hoisie weiß, dass das negative EU-Image in Österreich Auswirkungen auf die Politik haben kann: "Bisher haben neun Länder unseren Vertrag ratifiziert. Österreich ist noch nicht soweit. Zur Zeit beobachten wir die Tendenz, die Ratifizierung hinauszuzögern. Die negative Haltung der Bürger dient als Begründung." Dennoch rechnet der Botschafter mit Österreichs Unterstützung. "Eine Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche wird zeigen, dass österreichische Investitionen in Rumänien Arbeitsplätze in Österreich schaffen. Diese Tatsache wird auch Skeptiker überzeugen", hofft Corbea-Hoisie.
Für Rumänien bedeutet der Beitritt sehr viel. Das Land gehöre wegen seiner kulturellen Wurzeln zu Europa, was der Beitritt symbolisch unterstreichen würde. Die Integration in das europäische Wirtschafts- und Sozialsystem sei ökonomisch ein Vorteil, auch wenn das einen härteren Wettbewerb für die Wirtschaft bedeuten werde.
Alle Parteien und die Bevölkerung in Rumänien würden den EU-Beitritt befürworten. "Wir sind uns bewusst, dass die EU Garant der demokratischen und stabilen Entwicklung sein wird. Was kann man sich nach Jahrzehnten der Diktatur mehr wünschen?", sagt Corbea-Hoisie. Ein Beitrittsaufschub könnte hingegen die EU-Skepsis fördern und ausländische Investoren abschrecken.
Größter Investor
Insgesamt hat Corbea-Hoisie hohe Erwartungen an den österreichischen Vorsitz. "Einige Probleme, etwa bei der Sozialpolitik, der Verfassung, dem Balkan oder der Erweiterung wurden von Österreich direkt angesprochen. Es scheint, dass Österreich die Fragen direkt anpacken wird."
In den letzten Jahren hätten österreichische Investoren besonders viel Feingefühl für die Region bewiesen. Mit der OMV, der Raiffeisen- und Erste Bank, Strabag und zahlreichen Versicherungsgesellschaften wie Generali ist Österreich der größte Investor in Rumänien.