Investitionsquote in letzten Jahren stark gesunken - Erste-Chef kritisiert EZB-Anleihenprogramm.
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Wien. "Es ist für Wachstum zu wenig, aber für eine Krise zu viel", so beschreibt Thomas Uher, Chef der Erste Bank Österreich, das Investitionsklima hierzulande am Dienstag vor Journalisten. Sowohl das Wirtschaftswachstum als auch das Investitionsklima waren schon einmal besser. Die Wirtschaftsforscher mussten ihre Wachstumsprognosen für das laufende Jahr wieder nach unten revidieren. Das Institut für Höhere Studien (IHS) erwartet für heuer ein Wachstum von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Wirtschaftsforschungsinstitut geht gar von 0,5 Prozent aus.
Auch die Investitionsquote ist in den letzten Jahren deutlich nach unten gegangen. Betrug diese hierzulande vor der Finanzkrise 2007 noch knapp 25 Prozent, liegt sie derzeit bei 22,2 Prozent oder in Summe 71,6 Milliarden Euro für das Jahr 2013. "In den letzten drei Jahren ist die Investitionstätigkeit von Unternehmen, trotz niedriger Zinsen, sehr zurückhalten", sagte auch Klaus Weyerstrass vom IHS zur "Wiener Zeitung". Das sei vor allem im Ausrüstungsbereich schlecht, weil sich dort technisch sehr viel tue und Österreich als Innovationsstandort zurückfalle. "Wir werden in den internationalen Rankings durchgereiht. Deutschland hat uns schon überholt", sagt auch Uher von der Erste Bank.
Dabei ist das Investitionsklima gerade heute fast so gut wie vor der Krise. Der niedrige Ölpreis führt auch zu niedrigen Energiekosten und damit billigeren Produktionsmöglichkeiten. Der schwache Euro - am Dienstag kostete ein Euro gerade einmal 1,09 Dollar - kurbelt die Exportwirtschaft an und macht europäische Waren am Weltmarkt günstiger. Und die Zinsen wurden "seitens der EZB de facto abgeschafft", sagt Uher.
Einer der Gründe dafür, dass Unternehmen in letzter Zeit kaum Geld für neue Anlagen oder Forschungsprojekte in die Hand nehmen, ist das negative Investitionsklima hierzulande. Diskussionen rund um die Steuerreform über neue Abgaben und Steuern haben laut Weyerstrass zu Verunsicherungen und zu Zurückhaltung geführt.
Wirtschaftsklima miserabel
Die Bundesregierung hat sich auf eine Reihe von Maßnahmen verständigt, die das Wachstum und die Investitionen wieder ankurbeln sorgen. Die fünf Milliarden schwere Tarifentlastung soll etwa ab 2016 für mehr Konsum und damit für Aufschwung und neue Jobs sorgen. Eine Wohnbauoffensive (siehe Seite 9) soll über 16.000 neue Jobs schaffen. Ein neues Crowdfunding-Gesetz soll den Zugang zu Investitionskapital für Start-ups und Gründer erleichtern. Ob die gesetzten Maßnahmen im gewünschten Umfang fruchten, bezweifeln aber Experten. "Die Lohnnebenkosten sind in Österreich sehr hoch", sagt Weyerstrass. Diese hätte man im Zuge der Steuerreform auch angehen sollen.
Von einer Kreditklemme will Erste-Chef Uher indes nicht sprechen. "Die Ablehnungsquote ist heute nicht höher als vor der Krise." Gleichzeitig sei das Guthaben von Unternehmen, das in den Banken liegt, deutlich gewachsen. Geld sei also da, es werde allerdings nicht entsprechen investiert. Daran werde auch das Anleihenprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) nichts ändern. Zur Erinnerung: Die EZB kauft seit Beginn des Monats im großen Stil im Rahmen des sogenannten Quantitative Easing Staatsanleihen auf, um so die Liquidität bei Geldinstituten zur erhöhen. Ziel ist es, mehr Geld für Investitionen und Kredite verfügbar zu machen.
Das werde laut Uher aber, zumindest in Nordeuropa, nicht fruchten. "Die EZB will den Eurokurs gegen den Dollar in den Keller prügeln" und über die Euro-Abwertung die Konjunktur und die Exporte ankurbeln. Auch Weyerstrass vom IHS kritisiert das Programm scharf und glaubt nicht, dass in Österreich dadurch mehr Kredite vergeben werden. Vielmehr befürchtet er, dass dadurch "die Liquidität steigt und damit Aktien und Immobilien teurer werden", weil Anleger und Unternehmen dann andere Anlagemöglichkeiten suchen werden, ihr Geld zu vermehren.