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"Investment ins Weiterdenken"

Von Ina Weber

Politik
"Candy #1" des Künstlers Mel Ramos, curated by 2015 Galerie Ernst Hilger von Kuratorin Jeanette Zwingenberger.
© skyunlimited

Kunst und Kapital ist das Thema des diesjährigen Galerienfestivals Curated-By-Vienna von 11. September bis 17. Oktober.


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Wien. "Das ökonomische Interesse steht im Vordergrund. Und wird auch nicht verheimlicht." Mit diesem Satz landet der Philosoph Armen Avanessian im Rahmen der Presseeröffnung des Wiener Galerienfestivals gestern, Donnerstag, mitten im Thema. Denn das heute, Freitag, startende mehrwöchige Event wird bereits seit sieben Jahren von der Wirtschaftsagentur Wien veranstaltet. Rund 300.000 Euro gibt es für rund 20 Galeristen, die wiederum internationale Kuratoren aus 24 Ländern nach Wien einfliegen lassen. "Wir wollten die Galerienarbeit in Wien sichtbar machen und Wien als Galerienstandort international etablieren", so die Leiterin des Kreativzentrums Departure der Wirtschaftsagentur Wien Elisabeth Noever-Ginthör.

Geht es ausschließlich um ökonomische Interessen? Was ist die Funktion von Kunst in der Gesellschaft? Für Avanessian sollte der ökonomische Aspekt bei Künstlern viel mehr im Vordergrund stehen. "Allzu viele machen einfach ihre Kunst und glauben, sich nicht mit Geld auseinandersetzen zu müssen. Es gibt aber auch immer mehr Künstler, die Firmen gründen oder etwas anderes ausprobieren", sagt er. Er stellt die Frage, inwiefern es Künstlern gelingen könne, die Veränderungen jener Distributionsformen emanzipatorisch zu steuern, die die traditionellen Ausstellungsformate in Galerien und Museen im Internetzeitalter schon heute zu anderen Vorgehensweisen zwingt. Das Festival soll laut Avanessian auch dazu dienen, alternative ökonomische und künstlerische Strategien auszuloten.

"Liebe größer als Ökonomie"

Im Ausstellungsraum der Galerie Martin Janda in der Eschenbachgasse im 1. Bezirk steht Joe Scanlan. Der Künstler aus den USA trifft die letzten Vorbereitungen. Scanlan hat für das Festival die Ausstellung "The * of Love" kuratiert. Die einzig mögliche Reaktion auf Krisenzeiten ist für ihn die Liebe - auf andere zu schauen, liebevoll zu handeln. Der ökonomische Markt sei zwar nicht teuflisch, dennoch sei die Liebe größer als die Ökonomie.

Galerist Martin Janda arbeitet seit 15 Jahren mit Künstler Scanlan zusammen. Bei den Galerienfestivals steht für ihn vor allem der verstärkte intellektuelle Austausch im Vordergrund. "Ich wollte bewusst keine Künstler, die Kapital abbilden", sagt er. Der Aufwand für das Galerienfestival bedeutet für ihn eine Art "Investment ins Weiterdenken". "Da wollen wir das Maximum", so Janda zur "Wiener Zeitung".

Die Wirtschaftsagentur hat ihr Vermittlungsprogramm verdreifacht. An den Wochenenden finden viele kostenlose Führungen durch die Galerien statt. Dabei sind unter anderen Projektraum Viktor Bucher, Kerstin Engholm Galerie, Galerie Martin Janda, Galerie Ernst Hilger, Galerie Emanuel Layr oder die Galerie Hubert Winter. Beim Symposium heute, Freitag, sprechen unter anderen der Gastprofessor aus New York, Suhail Malik, der Künstler Armin Medosch, die Leiterin des Kunstressorts der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Julia Voss oder Isabelle Graw, die gemeinsam mit Stefan Germer die Zeitschrift "Texte zur Kunst" in Köln gründete.

"Es ist dieses Finanz- und Gesellschaftssystem, dessen Zeitgenosse die Kunst der letzten Jahrzehnte war", schreibt Avanessian in seinem Statement. Doch das Ende der (Kunst-)Geschichte sei noch nicht erreicht, "weder der liberale westliche Kapitalismus noch contemporary art werden ihr letztes Wort gewesen sein".