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Irak bleibt das Hauptproblem

Von Georg Friesenbichler

Politik
Wahlcomputer statt Urnen im "Swing State" Ohio: Zur Beobachtung und Überprüfung der fehleranfälligen elektronischen Stimmabgabe schickten die beiden großen Parteien und das Justizministerium tausende Juristen in umstrittene Bezirke. Foto: ap/Harnik

Auch Demokraten haben keine Lösung. | Rascher Abzug unwahrscheinlich. | Washington/Wien. Howard Dean, Vorsitzender der Demokratischen Partei, war schon vor den US-Kongresswahlen vorsichtig. Ein plötzlicher Kurswechsel in der Irak-Politik wäre auch nach einem Wahlsieg seiner Partei unwahrscheinlich. Man könne auf US-Präsident George W. Bush lediglich Druck ausüben, um ein paar Zeitpläne durchzusetzen.


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Ein Mittel dazu wären Untersuchungsausschüsse, wie sie die Demokraten bereits angekündigt haben. Das geheime Abhörprogramm im Inland könnte Thema eines solchen sein, aber eben auch, wie es zum Irak-Krieg kam. Das Problem dabei: Hier können zwar Fehler der Vergangenheit aufgezeigt, eine Lösung aber nur schwer vorangetrieben werden.

Den Demokraten ist es zwar gelungen, die Mid-Term-Wahlen zu einer Abstimmung über die Politik der Regierung zu machen, auch wenn diese gar nicht zur Wahl stand, sondern lediglich die 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus, 33 Senatoren sowie 36 Gouverneure. Einheitlich trat die Partei gegen die Irak-Politik des Präsidenten auf, von einem gemeinsamen Ansatz zu einem Ausweg aus dem Dilemma sind die Demokraten aber weit entfernt. Nur die wenigsten sind für einen sofortigen Abzug der US-Truppen aus dem Zweistromland, wie ihn Montag hunderte Militärangehörige in einem Internet-Appell forderten.

Auch den meisten Bush-Gegnern ist nämlich klar, dass ein bedingungsloser Rückzug den arabischen Staat noch tiefer ins Chaos stürzen und die Reputation der Amerikaner schwer beschädigen würde. Überdies würde sich Bush, in dessen Kompetenz die Außenpolitik und die Streitkräfte liegen, einer solchen Vorgangsweise in den verbleibenden zwei Jahren seiner Amtszeit gewiss verweigern.

Rückkehr der Baathisten

Die politische Ambition des Präsidenten, im Irak einen "Sieg" zu erzielen, liegt freilich in weiter Ferne - nicht wegen der Demokraten, sondern wegen der Situation im Irak selbst. Ohne einen einigermaßen funktionierenden Ausgleich der widerstreitenden Interessen von Schiiten, Sunniten und Kurden kann das Land nicht befriedet werden, meinen Beobachter.

Ansätze dazu gibt es. So will die irakische, von Schiiten dominierte Regierung als Zugeständnis an die Sunniten ehemaligen Funktionären der Baath-Partei von Saddam Hussein die Rückkehr in ihre alten Berufe erleichtern. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll demnächst dem Parlament vorgelegt werden. Die USA hatten die Baath-Partei im Mai 2003, einen Monat nach dem Sturz Saddam Husseins, aufgelöst.

Die Absichtserklärung, die tausende von ehemaligen Baath-Mitgliedern betreffen könnte, wurde einen Tag, nachdem Saddam zum Tode verurteilt wurde, am Montag bekannt gegeben. "Reporter ohne Grenzen" protestierte unterdessen dagegen, dass zwei TV-Sender geschlossen wurden, weil sie Bilder von Demonstrationen gegen das Todesurteil gezeigt hatten.

Der Ex-Diktator musste am Dienstag in seinem zweiten Prozess wegen Massakern an Kurden erneut vor das Sondertribunal. Dabei rief Saddam die verschiedenen Volksgruppen zur Versöhnung auf.

Als Versöhnungsgeste kann wohl auch die Tatsache gewertet werden, dass das Innenministerium in Bagdad 57 teils hochrangige Polizisten und Angestellte aus dem eigenen Haus vor Gericht bringen will. Diese werden beschuldigt, hunderte Gefangene gefoltert zu haben. Derartige Vorwürfe gegen die Polizei, die dem von Schiiten geführten Innenministerium untersteht, werden seit langem erhoben.