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Nachdem sich die einhellige Erleichterung über die Festnahme Saddam Husseins gelegt hat, beginnt jetzt international die Debatte über die Bestrafung des Ex-Diktators. Zwar kommen dazu bisher sowohl von den Gegnern als den Befürwortern der Todesstrafe nur vorsichtige Töne. Dennoch könnte die Frage die transatlantischen Spannungen weiter verschärfen - vor allem, falls der irakische Ex-Staatschef tatsächlich zum Tode verurteilt werden sollte.
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Klar gegen eine Hinrichtung Saddams haben sich bisher vor allem die UN ausgesprochen. Generalsekretär Kofi Annan erklärte, die Vereinten Nationen unterstützten die Todesstrafe nicht, und verwies darauf, dass keines der UN-Kriegsverbrechertribunale deren Verhängung vorsieht. Die EU schloss sich dieser Haltung an. EU-Sprecher Diego Ojeda wollte sich zwar nicht direkt zu Saddam Hussein äußern, sagte jedoch: "Wir glauben, dass es keine Umstände gibt, die die Todesstrafe rechtfertigen können."
Auch Dänemark, das die USA im Golfkrieg unterstützte, bekräftigte seine Ablehnung der Todesstrafe.
Von deutscher Seite gab es bisher kaum offizielle Stellungnahmen zum Schicksal Saddam Husseins. Rudolf Binding, Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion, sprach sich gegen eine Todesstrafe aus. Forderungen nach einer Hinrichtung bedienten nur die Rachegefühle sowie die Denk- und Verhaltensmuster des gestürzten Regimes, sagte er.
Auch der Vatikan blieb bei seiner ablehnenden Haltung. Kardinal Renato Martino sagte, er empfinde trotz der Gräueltaten Saddam Husseins Mitleid mit diesem, nachdem er Bilder "dieses zerstörten Mannes" gesehen habe, der "wie eine Kuh behandelt" worden sei.
Großbritannien will eine Todesstrafe offenbar ebenfalls nicht unterstützen. Premierminister Tony Blair sprach sich dafür aus, den Irakern die Entscheidung über das Schicksal ihres früheren Staatschefs zu überlassen. Blairs Sprecher sagte, London lehne zwar die Todesstrafe ab, werde jedoch jede Entscheidung eines irakischen Gerichts akzeptieren. Der britische Irak-Gesandte Jeremy Greenstock betonte aber, Großbritannien werde kein Gericht unterstützen, das die Todesstrafe verhängen könnte.
Die linksgerichtete britische Tageszeitung "Guardian" schrieb, Saddam Hussein solle vor ein von den UN anerkanntes Gericht gestellt werden, das nicht die Todesstrafe verhängen dürfe. "Das letzte, was Irak braucht, ist eine weitere Leiche - oder einen Märtyrer."
Es wäre ein grober Fehler, addam Hussein zum Tode zu verurteilen, betonte der frühere französsische Justizminister und Präsident des Verfassungsrates, Robert Badinter.
Für "die Höchststrafe" gegen Saddam Hussein plädierte hingegen US-Präsident George W. Bush. Der irakische Ex-Machthaber sei ein "verabscheuungswürdiger Tyrann, der Gerechtigkeit verdient, die höchste Gerechtigkeit", sagte Bush am Dienstag in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC. Er betonte jedoch zugleich, dass das irakische Volk darüber zu entscheiden habe, ob Saddam Hussein hingerichtet werden solle.