Der US-Präsident setzt Schritte, die ziemlich sicher zu einer vom Irak-Einsatz der USA | dominierten Präsidentschaftswahl im Herbst | führen werden. | Dass die US-Präsidentschaftswahl im Herbst zu einer Abstimmung über den unbeliebten Irak-Krieg wird, ist wohl das Letzte, was sich die Bush-Regierung wünschen sollte. Das muss man zumindest annehmen, denn bei den Kongresswahlen 2006, die ein solches Referendum darstellten, wurden die Republikaner vernichtend geschlagen.
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Aber Präsident Bush, wieder voll Vertrauen, dass seine Strategie der Truppenaufstockung funktioniert, setzt Schritte, die ziemlich sicher auch diesmal zu einer vom Irak-Einsatz dominierten Wahl führen werden. Im November möchte er eine möglichst große Anzahl von US-Soldaten im Irak haben, vermutlich eine Truppenstärke von 130.000 Soldaten.
Eine derart starke US-Präsenz im Irak werden die Demokraten wohl unter Beschuss nehmen, und die Präsidentschaftswahl wird zu einer Wahl zwischen einem kriegsbefürwortenden Republikaner und einem demokratischen Kriegsgegner.
Bush verdoppelt also seinen Einsatz, um im Irak einen US-Erfolg zu erzielen. Sollte der Irakkrieg bis zur Präsidentschaftswahl aber nicht sehr viel beliebter werden, könnte dieses Vorgehen bei den Republikanern viel Schaden anrichten. Bushs Haltung der Politik gegenüber scheint dieser Tage voll Hochmut und Verachtung. "Die Geschichte beurteilt Regierungen", sagte er letzten Sonntag in einem Fox-News-Interview zu Chris Wallace: "Offen gesagt kümmern mich Umfragen einen Dreck."
Einige Vertreter der Militärführung sind hingegen der Ansicht, dass ein langsamer Truppenabzug aus dem Irak, bis auf ungefähr 100.000 Soldaten zu Jahresende, den Druck von der US-Armee nehmen würde und einen ruhigeren, zukunftsfähigeren Übergang zur nächsten Regierung erlauben würde.
Aber Bush kann dieser Argumentation nicht viel abgewinnen. Er möchte möglichst viele US-Truppen im Irak haben, zum Teil, um das Verhandeln der nächsten US-Regierung über die Truppenstärke auf einem möglichst hohen Niveau beginnen zu lassen: Das heißt, der nächste US-Präsident könnte Kürzungen vornehmen, ohne gleich so viele Truppen abzuziehen, dass es gefährlich werden könnte. Verteidigungsminister Robert Gates scheint nun Bushs Sicht zu teilen. Ursprünglich war er für eine Truppenreduktion auf 100.000 Soldaten bis Jahresende.
Im Moment kann man den Eindruck bekommen, es ist Bushs wichtigstes Anliegen sicherzustellen, dass der nächste US-Präsident die erzielten Sicherheitsgewinne im Irak nicht auflöst. Das erklärt seine Vorliebe für den Präsidentschaftskandidaten John McCain, der vielleicht der einzige Politiker ist, der in Sachen Irak noch abgebrühter als Bush wirkt.
Bei den Demokraten scheint Bush, zumindest dem zitierten Fox-News-Interview zufolge, Hillary Clinton gegenüber Barack Obama zu bevorzugen: Er sagte, er habe einen Sieg Clintons schon vor Monaten vorhergesagt, "weil sie das Scheinwerferlicht versteht und den Druck". Auch Bill Clinton wird von Bush verteidigt: Er, Bush, verstehe, warum sich der frühere Präsident im Wahlkampf so sehr für Hillary einsetze, sagte Bush. Und er sei sicher, sie würde sich als Präsidentin nicht abrupt aus dem Irak zurückziehen, egal was sie jetzt im Wahlkampf darüber sage, betonte Bush.
Was Obama betrifft, so muss man Bushs Haltung in dem Interview fast als hochmütig und verachtungsvoll beschreiben: "Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, woran er glaubt", sagte er neben viel Kritik an Obama.
Bushs Wunsch nach Kontinuität ist offensichtlich. Er möchte sowohl die Republikaner als auch die Demokraten in eine Diskussion über einen sicheren Irak ziehen. Aber in einem Wahljahr könnte das polarisierende Thema zu einem Todesstoß werden.
Übersetzung: Redaktion