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Irak, der strategische Murks

Von Thomas Seifert

Leitartikel
Thomas Seifert.

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Für Präsident Barack Obama war der Irak-Krieg von George W. Bush schon immer ein "strategischer Murks", ein "dummer Krieg", gegen den er schon als Senator zu Felde gezogen ist. Ein wichtiges Motiv für Obamas Wahl zum 44. Präsidenten der USA war sein Versprechen, die USA aus dem Schlamassel zwischen Euphrat und Tigris herauszuholen. Genau das hat Obama gemacht und hoffte wohl, dass er diesen Abzug aus dem Zweistromland in den Geschichtsbüchern auf der Habenseite verbuchen wird können. Doch daraus wird nichts: Man kann unter einen Krieg nicht einfach den Schlussstrich ziehen und wie Josiah Bartlet, der von von Martin Sheen gespielte fiktive US-Präsident in der legendären Polit-Fernsehserie "West Wing" sagen, "What’s next? - Was steht als Nächstes an?"

Und so lässt Obama sich sichtlich nur höchst widerwillig wieder in das Irak-Chaos hineinziehen. Er weiß: Rettet er die irakische Regierung, dann rettet er damit den Protegé Teherans. Und mit den Bomben auf die Dschihadisten des "Islamisches Staates" (genannt: IS oder Isis) erledigt er unfreiwillig nicht nur das Geschäft des Iran, sondern auch jenes von Bashar al-Assad. Beides liegt nicht gerade im strategischen Interesse der USA. Die Mitverantwortung Amerikas am Chaos im Irak macht ein Engagement zugunsten der von Isis mit dämonischem Furor verfolgten Flüchtlinge aber zu einem moralischen Imperativ.

Darüber hinaus ist derzeit aber kein strategisches Kalkül der USA erkennbar: Ein schwerer Fehler, denn die Region befindet sich in einem historischen Umbruch. Grenzen, die einst mit Tinte gezogen wurden, werden heute mit Blut neu gezeichnet. Die Ordnung des Nahen Ostens durch das britisch-französische Sykes-Picot-Abkommen nach dem I. Weltkrieg ist ebenso passé wie die Pax Americana, die nach dem II. Weltkrieg an ihre Stelle getreten ist. Ein Kurdenstaat ist im Entstehen (de facto gibt es ihn längst im Nordirak), Syrien und der Irak existieren nur mehr auf dem Papier. Ignoriert man die IS-Dschihadisten weiter, dann werden Jordanien und der Libanon die nächsten Länder sein, die im Fadenkreuz dieser Assassinen der Neuzeit auftauchen. Die Neuordnung der Region darf nicht den IS-Dschihadisten überlassen werden, sondern es bedarf einer herkulischen diplomatischen Kraftanstrengung, um gemeinsam mit allen Stakeholdern eine dauerhafte Friedenslösung für die Kurden, den Irak und Syrien zu finden.