Wenn Bush auf einer möglichst großen Truppenstärke im Irak besteht, könnte der nächste US-Präsident einen drastischen Schwenk in der Irak-Politik vollziehen. | Die zukünftige Rolle der USA im Irak wird von zwei Diskussionen, die im Moment in Bagdad und in Washington geführt werden, geprägt: Die eine ist eine Debatte der Bush-Regierung über den Zeitplan zur Reduzierung der US-Truppen, die andere sind die Verhandlungen zwischen den USA und dem Irak über den Status der nach 2008 im Irak verbleibenden amerikanischen Soldaten.
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Möglich sind diese Diskussionen erst dadurch geworden, dass die US-Politik im Irak endlich doch noch funktioniert. Allerdings entsprechen die militärischen Pläne so ganz und gar nicht der politischen Stimmung in den USA und im Irak. In beiden Ländern steht die Öffentlichkeit der militärischen Besetzung skeptisch gegenüber, auch wenn die US-Truppen schließlich doch noch ihre Ziele erreichen.
Der Fortschritt ist nicht zu leugnen. Man sieht das zum Beispiel in Bagdad auf den Straßen. Man sieht es in den Gesichtern der Menschen, die man in den Geschäften und Teehäusern trifft. Die Iraker, denen ich letzte Woche hier begegnet bin, klagten nicht über mangelnde Sicherheit, sondern über mangelnde Lieferungen, über mangelnde Versorgung.
Die Frage ist allerdings, ob sich diese Erholung im Irak nach dem schrittweisen Abzug der US-Truppen wird fortsetzen können. Das irakische Militär ist noch immer weit davon entfernt, die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernehmen zu können. Die Transportverbindungen werden nicht vor dem Sommer 2009 zur Verfügung stehen. Und zwei Jahre könnte es dauern, bis sie völlig unabhängig von den US-Truppen funktionieren.
General David Petraeus, der US-Oberkommandierende im Irak, hat mit anderen hohen Militärkollegen die Diskussion über die zukünftige Anzahl der US-Truppen im Irak begonnen. Zu vielen anderen Faktoren kommt auch ein politischer Risikofaktor. Präsident George W. Bush, der im Jänner 2009 sein Amt verlässt, möchte natürlich, dass der Irak zu diesem Zeitpunkt so sicher wie möglich ist. Es wird also erwartet, dass er gegen weitere Truppenreduktionen auftritt.
Wenn nun Präsident Bush aber auf einer möglichst großen Truppenstärke im Irak besteht, könnte der nächste US-Präsident einen drastischen Schwenk in der Irak-Politik vollziehen - mit großen, plötzlichen Truppenkürzungen. Auf die Sicherheit im Irak könnte sich das katastrophal auswirken. Daher sind manche der Militärverantwortlichen für eine gleichmäßigere, gleitende Reduzierung der amerikanischen Truppen, die sowohl dem US-Militär als auch dem irakischen Militär eine realistische Planung für das Jahr 2009 und die Zeit danach ermöglicht.
Unterdessen werden auch Gespräche über die Rechtsgrundlagen für den Verbleib der US-Soldaten ab 2009 geführt, die das Ende 2008 auslaufende UN-Mandat ersetzen sollen. Unterhält man sich mit den amerikanischen und den irakischen Verantwortlichen in Bagdad über all diese Pläne, so klingt das alles recht vernünftig. Ihr Ziel ist ein stabiler irakischer Staat. Das ist heute viel weniger als bloßes Hirngespinst einzustufen als noch vor zwei Jahren.
Das Problem besteht jedoch darin, dass all diese Diskussionen über Sicherheit im Irak vor dem politischen Hintergrund ungeduldiger, kriegsmüder Iraker und Amerikaner stattfinden. Die Iraker wollen die Wiederherstellung ihrer vollen Souveränität. Und sie werden wohl weder von US-Soldaten betriebene Gefängnisse sehr viel länger dulden wollen, noch von US-Soldaten eingetretene Türen.
Wenn die Planer die politische Realität nicht berücksichtigen, wenn sie nicht sowohl den Irakern als auch den Amerikanern glaubwürdig versichern können, dass die meisten US-Truppen allmählich heimkehren, könnten sie eine neue Fassung von "Mission Impossible" kreieren.
Übersetzung: Redaktion