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Irak-Invasion verschärft den Hass der einfachen Leute auf die USA

Von Omar Hasan

Politik

Riad - Zwischen den Stühlen sitzt es sich nicht bequem. Diese leidvolle Erfahrung muss seit Beginn des Irak-Krieges auch das saudi-arabische Königshaus machen. Während sich Riad im Golfkrieg 1991 auf die Seite der Alliierten schlug, lehnt es den jetzigen Krieg gegen das nördliche Nachbarland entschieden ab. Übermäßige Kritik an der US-geführten Kriegskoalition scheint der politischen Führung aber nicht ratsam, schließlich will man den mächtigen Partner in Washington nicht weiter gegen sich aufbringen.


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In der Bevölkerung spielen solcherlei Überlegungen weniger eine Rolle. Auf der Straße flackert die US-feindliche-Stimmung immer offener auf, und so ist Riad verstärkt damit beschäftigt, die "Heimatfront" unter Kontrolle zu halten.

Vor allem die einflussreiche islamische Geistlichkeit ruft in dem streng moslemischen Wüstenland zu den Fahnen. Schon vor Ausbruch des Krieges wetterte der saudiarabische Großmufti Abdelaziz el Sheikh noch etwas versteckt vor "Feinden", die den Islam spalten wollten. Diese "Feinde" gäben vor, die moslemische Welt sei eine gewalttätige "terroristische Nation", die sich nicht an Verträge halte, warnte der Glaubenshüter im Februar in der Pilgerstadt Mekka. Er empfahl, eine "Front gegen die Feinde" zu eröffnen. Dieser Tage reden die Imame in den saudiarabischen Moscheen Klartext und rufen das Volk zum "Heiligen Krieg" gegen die US-Armee auf.

Auch die einheimische Presse verurteilt einhellig den Angriff und lobt den "heldenhaften" Kampf der Irakis. Fernsehbilder vom Leid der Opfer fachen die Wut in Bevölkerung weiter an. "Was derzeit geschieht, bricht mir das Herz und zertrampelt meine Würde", sagt Anwar Mahmud. Für den saudiarabischen Beamten sind die Folgen des Krieges klar: "Das irakische Volk wird uns niemals vergeben", ebensowenig werde sich das saudiarabische Volk jemals vergeben können, dass es nicht geholfen habe. "Das ist eine Konfrontation zwischen den Guten, die alle Moslems verteidigen, und dem Teufel, verkörpert von den US-Besatzungstruppen", sagt der Bankangestellte Anis Okail.

Diese klare Weltauffassung wird von der Oberschicht des Landes zumindest öffentlich nicht geteilt. Der Nationale Konsultativrat, das Regierungskabinett und Außenminister Prinz Saud el Faisal forderten in den vergangenen Tagen beide Kriegsparteien zu einem sofortigen Stopp der militärischen Auseinandersetzung auf. Doch verhallten die Aufrufe ebenso ungehört wie eine an Bagdad und Washington adressierte Friedensinitiative, über deren Inhalt sicherheitshalber erst gar nichts bekannt gegeben wurde.

Außenpolitisch beschränkt sich Riad auf die Rolle des warnenden Beobachters; im Landesinneren sollen harte Sicherheitsmaßnahmen dafür sorgen, dass die Stimmung nicht gegen das saudische Königshaus kippt. Die Sorge ist berechtigt: Die traditionellen Bande zwischen den USA und Saudi-Arabien sind stark, und jedermann weiß, dass die US-Armee zu Beginn des Krieges immerhin 10.000 Soldaten in hiesigen Militärstützpunkten stationiert hatte.