Noch muss der Oberste Gerichtshof in Bagdad entscheiden. Aber dass der säkulare Schiit Iyad Allawi die Wahl gewonnen hat, scheint nun auch der bisherige Ministerpräsident Nuri al-Maliki halbherzig anzuerkennen - wohl auch im Hinblick auf die US-Amerikaner, die ihren geplanten Truppenabzug in aller Ruhe durchführen wollen. | Allawi gewinnt Parlamentswahl im Irak
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Seine ersten Reaktionen geben allerdings noch kein klares Bild, ob Maliki das Ergebnis wirklich akzeptiert. Noch äußert er Vorbehalte. Nachdem er zuvor eine Neuauszählung gefordert und indirekt sogar mit Gewaltausbrüchen gedroht hatte, dürfte er nun aber seinen Ton mäßigen. Immerhin hat die internationalen Gemeinschaft keinen organisierten Wahlbetrug am 7. März erkennen können. Unwahrscheinlich ist freilich, dass Maliki seinen Machtanspruch aufgibt.
Eigentlich war er noch als klarer Favorit in die Wahl gegangen, und dies schien sich in den ersten Teilergebnissen zu bestätigen. Maliki begann sogar damit, erste Gespräche über mögliche Koalitionen zu führen. Die Verhandlungen mit der religiös-schiitischen "Nationalen Allianz" (INA), mit der Maliki früher verbündet war, dürften aber offenbar nicht so gut gelaufen sein. Denn überraschenderweise hat sich die INA dafür ausgesprochen, einen Wahlsieg des säkularen Allawi anzuerkennen.
Die INA ist allerdings selbst ein wackeliges Bündnis, das durch das Wahlergebnis noch fragiler geworden ist. Denn offenbar haben seine Anhänger das neue Wahlrecht stark genutzt, das nicht nur die Wahl einer Liste, sondern auch von einzelnen Kandidaten mittels Zweitstimme vorsieht. Und dies brachte eine Stärkung der Bewegung des Predigers Muktada al-Sadr gegenüber dem verbündeten "Obersten Islamischen Rat". Es ist unklar, wie der radikal anti-westliche Prediger mit Allawi, der als Übergangspremier 2004 die Sadristen bekämpfte, zurechtkommen kann.
Schwierig wird eine Zusammenarbeit mit den Schiiten auch deshalb, weil Allawi seinen Wahlerfolg dem Umstand zu verdanken hat, dass er jene Kräfte um sich sammeln konnte, die den - just durch die INA verkörperten - wachsenden iranischen Einfluss im Land ablehnen. Zu Allawis Anhängern gehören Schiiten, die eine zu starke religiöse Prägung des Landes fürchten, aber vor allem die Sunniten, die unter dem Diktator Saddam Hussein mächtigste ethnische Gruppe. Maliki hat zwar ein ähnliches Angebot gemacht, aber die Sunniten verprellt, indem er viele Kandidaten nicht zur Wahl zuließ, denen Verbindungen zu Saddams früherer Baath-Staatspartei angelastet werden.
Neben Sadr kommt als weiterem möglichen Koalitionspartner wohl erneut den Kurdenparteien die Rolle des Königsmachers zu. Monatelange Koalitionsverhandlungen sind zu erwarten. Angesichts der schwierigen Konstellationen ist es durchaus möglich, dass dabei auch Maliki wieder ins Spiel kommt.