Barack Obamas Zögern in Syrien erklärt sich aus den für die USA schmerzlichen Erfahrungen im Zwischenstromland.
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Vor zehn Jahren begleitete ich die US-Armee bei ihrem Angriff auf den Irak. In meinen Notizen von damals finden sich ein paar vernünftige Warnungen vor bevorstehenden Schwierigkeiten. Um Entschuldigung muss ich die Leser aber für meine damalige Fehleinschätzung der vorrangigen Frage bitten, ob dieser Krieg einen Sinn hat. Im Irak einzumarschieren, um Saddam Hussein zu stürzen, war einer der größten strategischen Fehler in der modernen Geschichte der USA. Wir werden es nie erfahren, ob es anders gewesen wäre, wenn man besser für die Zeit danach geplant hätte oder die irakische Armee nicht aufgelöst hätte oder oder ...
Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, fallen mir vor allem zwei Bemerkungen von arabischen Freunden ein. Die eine stammt von einem prominenten schiitischen Verleger aus dem Libanon, der den Krieg befürwortete, aber nur, wenn die USA entschlossen genug wären, auch zu Ende zu bringen, was sie anfangen. "Wenn Rom stark ist, sind die Provinzen bereit", sagte er.
Rom war aber nicht stark genug zu siegen. Die militärische Macht der USA, so furchteinflößend sie auch war, reichte nicht für eine Entscheidung im Irak, und in einem zermürbenden Okkupationskrieg konnte all die Stärke der USA Bagdad keine Stromversorgung sichern oder die Sunniten und die Schiiten so weit einschüchtern, dass sie zusammenarbeiten. Auch zu Hause war Rom schwach, politisch.
Die zweite Bemerkung stammt von einem syrischen Freund, der gegen den Krieg war. Die USA seien dabei, einen Fehler historischen Ausmaßes zu begehen, warnte er: "Die USA tun mir leid. Ihr steckt fest. Ihr werdet den Irak niemals ändern, der Irak wird Euch ändern."
Was können wir noch von damals lernen? Eine offensichtliche Lektion ist die Gefahr, durch den Sturz eines Diktators ein politisches Vakuum zu erzeugen. Die USA wollten den Irak modernisieren, aber durch das Auflösen der (konfessionsfreien) Armee und des größten Teils der (säkularen) Regierung mussten sich die Iraker auf ihre ethnische und ihre Stammeszugehörigkeit als Sunniten oder Schiiten, als Kurden oder Araber zurückziehen. In dem politischen Vakuum, das wir erzeugten, stürzte der Irak in die Vergangenheit zurück - und zog einen beträchtlichen Teil der arabischen Welt mit sich.
Zum Teil aus diesem Grund ist US-Präsident Barack Obama in letzter Zeit so vorsichtig, was Syrien betrifft. Er will nicht, dass die USA den gleichen Fehler noch einmal machen. Aber die Geschichte ist grausam: Wenn man sich noch so sehr bemüht, etwas zu verhindern, geschieht es gerade durch diese Passivität umso eher.
Eine andere Lektion ist aber auch, wie gut Beharrlichkeit sich auswirkt. George W. Bush machte mit der Irak-Invasion 2003 einen verheerenden Fehler. Er gab aber auch sein Bestes, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen. Die Aufstockung der US-Truppen rettete das Leben von tausenden Irakern, indem sie die Spirale der religiös motivierten Morde eindämmte. Das ist etwas, was die USA richtig gemacht haben in dieser schmerzlichen Geschichte.
Übersetzung: Redaktion
Originalfassung "The hard lessons of Iraq"