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Irak-und Dollar-Krise polieren Gold auf

Von Reinolf Reis

Wirtschaft

Der Dollar wankt, die Börse schwankt, festverzinsliche Wertpapiere werfen wie Sparbücher nur magere Renditen ab. Glücklich, wer zum richtigen Zeitpunkt auf Gold gesetzt hat: Innerhalb von knapp drei Jahren ist der Preis für das edle Metall um die Hälfte gestiegen.


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Die anhaltenden Kämpfe im Irak und der Verfall des US-Dollar haben die Aussichten zuletzt wieder aufpoliert. Das Ende der Fahnenstange dürfte aber in Sicht sein - auch wenn manche Experten noch rekordverdächtige 400 Dollar für eine Feinunze (rund 31,1035 Gramm) erwarten.

Dabei schien Gold im vergangenen Jahrzehnt schon dauerhaft an Glanz verloren zu haben. Zwischen 1996 und Ende 2000 sackten die Kurse von 390 auf 250 Dollar je Unze ab. Neben Goldbergwerken sorgten 15 große Notenbanken für Nachschub: 400 Tonnen Gold jährlich kommen nach einem 1999 in Washington besiegelten Fünf-Jahres-Abkommen aus den Tresoren der Währungshüter auf den Markt. Seit Anfang 2001 zogen die Notierungen wieder an, zwischenzeitlich sogar steil. Die Gründe sind vielfältig: Da ist der Einfluss des Dollar-Außenwertes - also des Wechselkurses vor allem gegenüber Euro, Yen, Franken und Pfund. Gold wird wie Rohöl in Dollar abgerechnet; gibt die US-Währung nach, steigt der Goldpreis. Nicht zuletzt haben hochspekulative Hegde Funds Gold-Termingeschäfte als lukrative Anlagemöglichkeiten entdeckt und so für mehr Nachfrage gesorgt.

Die Fachleute der Beraterfirma Gold Fields Mineral Services (GFMS) glauben außerdem, dass der weltweite Schmuckmarkt zunehmend "demokratisiert" wird und sich mehr Menschen goldenes Geschmeide leisten können. GFMS-Chef Philip Klapwijk hält einen Goldpreis von 400 Dollar noch dieses Jahr für möglich. Derartig hohe Kurse wären zweischneidig: Wird Goldschmuck zu teuer, dürfte die Nachfrage wieder sinken. Gleichzeitig werden wohl nicht wenige Anleger die Chance nutzen, bloß theoretische Wertgewinne zu barer Münze zu machen.

Auch Ernst Welteke, der Präsident der Bundesbank, die mit 3.446 Tonnen Gold auf dem zweitgrößten Schatz aller Notenbanken sitzt, träumt bereits offen von einem Verkauf - solange der Gewinn nicht überwiegend zum Stopfen von Haushaltslöchern genutzt wird. Noch bis September 2004 sind der Bundesbank wegen des Washingtoner Abkommens die Hände gebunden. Die Schweizer preschten zur Überraschung des Marktes gerade vor. Nach Ablauf der Frist wollen sie weitere 130 Tonnen Gold bis September 2005 abstoßen. Die zuvor kräftigen Kurszuwächse wurden vorerst gestoppt.

Doch die anhaltende Irak-Krise und die riesigen Defizite der USA, Sorgen um Europas Sozialversicherungen oder Japans Kreditwirtschaft dürften den Goldpreis wohl weiter hoch halten. Honig saugen viele Goldanleger aus der jüngsten Erklärung der G-7-Finanzminister. Sie forderten in Dubai größere Flexibilität der Wechselkurse - und machten den Weg für einen kräftigen Fall des Dollar frei.

Wer sich vom Goldfieber anstecken lassen will, hat eine Vielzahl von Möglichkeiten. Klein und handlich sind Goldmünzen von etwa einer halben Unze oder einer ganzen Unze wie der südafrikanische Krügerrand, der kanadischen Maple Leaf oder die eigentlich vor allem zum Sammeln gedachten und mit einem Aufschlag versehenen Hundert-Euro-Stücke. Viele Banken und Sparkassen bieten auch Kilo-Goldbarren an, die bei Preisen von mehr als 10.000 Euro vielen Kleinanlegern aber zu wuchtig sein dürften.

Nicht wenige Geldinstitute verkaufen zudem Goldzertifikate, die ein Anrecht auf einige Gramm des Edelmetalls verbriefen. Weil diese Zertifikate in der Euro-Zone zumeist auf Euro ausgestellt sind, gesellt sich zum Gold-Kursrisiko ein Wechselkursrisiko. Einige Anlageexperten sehen Gold-Aktienfonds als eleganteste Lösung. Vor allem die Anteilsscheine einiger südafrikanischer und australischer Hersteller könnten demnach noch kräftig klettern.