Den strahlenden Wahlsieger George W. Bush erwarten vier harte Jahre. Ebenso wie der gewonnene Wahlkampf wird auch die kommende Amtszeit des Präsidenten von der Irak-Krise überschattet werden, vermuten Politik-Experten und Offiziere. Derzeit wird eine Offensive gegen die Aufständischen in Falluja vorbereitet. Aber ob es den US-Truppen gelingt, den Widerstand vor den Jänner-Wahlen zu brechen, wird bezweifelt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Auch Ungarns am Mittwoch angekündigter Truppenabzug beleuchtet die prekäre Lage für Bush: Die Koalition der Willigen bröckelt.
"Der Irak ist das Projekt von George Bush", sagte Michael O'Hanlon von der Brookings Institution. "Und das wird so bleiben." Von Verbündeten aus Europa oder anderen Kontinenten ist wenig Hilfe zu erwarten. Deswegen, so der Militärexperte, werde Bush bald offen über eine Abzugsstrategie sprechen. Schon in seiner Siegesrede nach der Wahlnacht stellte Bush seinen Landsleuten in Aussicht, die eigenen Soldaten nach Hause zu holen.
Während des Wahlkampfs beteuerte Bush stets, er werde im Falle einer zweiten Amtszeit seinen Irak-Kurs beibehalten. Die Zahl der US-Truppen an Euphrat und Tigris liegt wie vor einem Jahr bei rund 142.000. In den kommenden Wochen soll ein frisches Kontingent eintreffen, um die Soldaten, die schon seit einem Jahr im Einsatz sind, abzulösen. Wie knapp der Personalbestand der US-Streitkräfte ist, belegt die Tatsache, dass die 3. Infanteriedivision zurückkehren muss. Die selben Soldaten kämpften schon zu Kriegsbeginn im irakischen Wüstensand.
Der Chance auf ein Ende des Militärengagements stehen zwei Probleme im Weg, die Bush im März 2003 nicht voraussah. Der hartnäckige Widerstand im Land und die permanenten Rückschläge beim Aufbau irakischer Sicherheitskräfte. Beide Probleme können nicht allein mit militärischer Stärke gelöst werden, sagt Generalmajor Barbara Fast, die in einer frühen Kriegsphase Geheimdienstchefin der Streitkräfte war. Auch die Informationspolitik könne verbessert werden, erklärt Fast. Den Irakern müsse deutlich gemacht werden, dass sie sich selbst gegen die Aufständischen wehren und mehr am Aufbau ihre Landes beteiligen müssten.
O'Hanlon beschreibt das Dilemma: "Unsere Militärpräsenz im Irak ist Teil des Problems. Sie ist bitter notwendig, aber Teil des Problems." Deswegen sei seine Rückzugsstrategie tatsächlich von Nutzen und nicht ein Zeichen der Schwäche.