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"Irakisches My Lai" kratzt am Heldenimage

Von Laszlo Trankovits

Politik

Pentagon-Ermittlungen weitgehend abgeschlossen. | Anklage gegen beteiligte GIs möglich. | Washington. (dpa) Am "Tag der Veteranen", dem nationalen Gedenktag der Amerikaner für ihre in allen Kriegen gefallenen Soldaten, wurden Millionen US-Bürger erstmals mit einem neuen, bitteren Kapitel ihrer Kriegsgeschichte konfrontiert. Ausgerechnet als überall vor Denkmälern und auf Friedhofen der amerikanischen Helden und Opfer gedacht wurde, verdichteten sich die Hinweise auf das bisher schlimmste US-Kriegsverbrechen im Irak - am 19. November 2005 sollen Marines in der Ortschaft Haditha 24 unschuldige Männer, Frauen und Kinder grundlos getötet haben.


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Menschenrechtsgruppen wie Human Rights Watch sprechen bereits von einem neuen "My Lai" - in Anspielung auf das Massaker der Amerikaner in Vietnam, dem 1968 etwa 500 Zivilisten zum Opfer fielen. Auch die US-Medien sparen nicht mit Kritik. Von der "Schande von Haditha", das das Ansehen der US-Streitkräfte weiter schädigen werde, schreibt das Nachrichtenmagazin "Time". Die "Washington Post" nennt es das "vielleicht schlimmste Kriegsverbrechen" von US-Soldaten im Irak.

US-Generalstabschef Peter Pace betonte am Montag, es werde noch ermittelt. Aber seine besorgte Miene ließ kaum Zweifel daran, dass das Pentagon das Schlimmste befürchtet. Auch der US-Kongress interessiert sich mittlerweile für den Fall. "Unsere Truppen haben wegen der Belastung überreagiert und kaltblütig unschuldige Zivilisten getötet", sagte zornig der demokratische US-Abgeordnete John Murtha nach Gesprächen mit Militärermittlern. "Ich werde keine Mörder entschuldigen", so der Vietnam-Veteran und Verteidigungsexperte im Kongress.D

Massaker im Rambo-Stil Zeugenaussagen und Militärberichte beschreiben übereinstimmend einen blutigen Samstagmorgen in der westirakischen Hochburg der sunnitischen Aufständischen am Euphrat. Am Morgen des 19. November gegen 07.15 Uhr explodierte demnach bei einem Einsatz einer Einheit des 3. Bataillons des 5. Marineregiments am Straßenrand ein Sprengsatz. Der 20-jährige US-Unteroffizier Miguel Terrazas aus El Paso wurde in seinem Militärjeep getötet, zwei weitere Soldaten verletzt. Die Fenster der umliegenden Häuser zerschellten durch die Wucht der Explosion.

Daraufhin stürmten den Berichten zufolge die USMarines das nächstgelegene Haus des 76-jährigen, schwerstbehinderten Abdul Hamid Hassan. Die Soldaten hätten gnadenlos alle sieben Menschen im Haus - darunter ein vierjähriges Kind - erschossen. Im Nachbarhaus sei dann eine Familie mit sieben Kindern - das jüngste ein Jahr alt - getötet worden. Nachbarn berichteten von "markerschütternden Schreien aus dem Haus". Vier weitere Männer seien in einem anderen Haus erschossen worden, kurz darauf ein Taxifahrer und seine vier Fahrgäste.

Nach dem Blutbad hätten die Soldaten die Leichen von 24 Irakern ohne Erklärungen in einem Krankenhaus abgeliefert. Später hätten die Marines behauptet, die Iraker seien bei der Explosion eines Sprengsatzes gestorben. Dann hätten sie zu Protokoll gegeben, die Zivilisten seien durch Schüsse Aufständischer getötet worden. Irakischen Zeugen sei es zu verdanken, dass die Darstellung nicht habe aufrechterhalten werden können.

Nun müssen die US-Elitesoldaten mit einer Anklage wegen Mordes und Falschaussage rechnen - und möglicherweise auch mehrere Vorgesetzte. Bereits im Juni, schreibt CNN, könnte es soweit sein.