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Teheran lässt IAEOSiegel an Atomanlage entfernen. | Deutschland pocht auf härtere Gangart. | Teheran/Berlin/Wien/Paris. Im Atomstreit zwischen Teheran und dem Westen haben sich die Fronten abermals verhärtet. Nachdem der Iran die Siegel an der Uran-Anreicherungsanlage in Natanz am Dienstag entfernt und somit die seit Monaten ausgesetzte Forschung am Atombrennstoff wieder aufgenommen hatte, stellte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier die weiteren Verhandlungen der EU-3 (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) mit dem islamischen Gottesstaat in Frage und sprach von "sehr, sehr verhängnisvollen Signalen". Die iranische Führung habe gewusst, dass mit dem Bruch der Siegel eine Linie überschritten werde und dass das "nicht ohne Folgen bleiben" könne.
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Der Bundesaußenminister bat IAEO-Chef ElBaradei um eine kurzfristige Einschätzung des iranischen Vorgehens. "Auf Grundlage dieser Bewertung werde ich dann versuchen, in dieser Woche mit den britischen und französischen Amtskollegen unsere Haltung zu bestimmen, vor allem natürlich um zu sehen, ob unsere Verhandlungen eine weitere Grundlage haben", so Steinmeier weiter.
Zuvor hatten die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (Vereinigte Staaten, Großbritannien, Frankreich, China und Russland) Teheran nachdrücklich zum Einlenken aufgefordert. In getrennten Schreiben appellierten sie an die iranische Regierung, die Forschung am nuklearen Brennstoff-Kreislauf zu stoppen. Die internationale Gemeinschaft habe bereits signalisiert, dass "der nächste Schritt" im Atomstreit die Anrufung des UN-Sicherheitsrates sein werde, sollte der Iran seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Dafür gebe es eine klare Mehrheit.
USA: Teheran ist isoliert
Die jüngsten Entscheidungen der Regierung in Teheran hätten das Land noch stärker von der internationalen Gemeinschaft isoliert, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses am Montag in Washington auch mit Blick auf die jüngsten israelfeindlichen Äußerungen von Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad. Auch IAEO-Chef Mohammad ElBaradei reagierte entsetzt auf die jüngsten Entwicklungen: In der britischen Tageszeitung "The Independent" meinte er, es gebe einen Konsens, wonach Irans Urananreicherung eine "höchst beunruhigende Angelegenheit" sei: "Ich bin mit der Geduld am Ende, die internationale Gemeinschaft ist mit der Geduld am Ende."
Etwas entspannter äußerte sich der amtierende EU-Ratsvorsitzende, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel: Derzeit sehe er keinen Grund für Sanktionen gegen den Iran wegen dessen Atompolitik. Die EU-Staaten hätten dies stets als letztes Mittel betrachtet. Für EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und für ihn stünden die diplomatischen Lösungsansätze im Vordergrund, so Schüssel am Rande des Antrittsbesuches der EU-Kommission. Gutgeheißen wird die iranische Vorgangsweise vom österreichischen EU-Vorsitz allerdings nicht: Die Aktivitäten der Teheraner Regierung würden "das internationale Vertrauen in den friedlichen Charakter des Nuklearprogramms untergraben" und für die internationale Gemeinschaft "eine höchst Besorgnis erregende Entwicklung" darstellen", hieß es in einer Aussendung des Außenministeriums.
Der US-Verbündete im Irak-Krieg, Großbritannien, hat unterdessen einer militärische Option gegen den Iran eine Absage erteilt. Außenminister Jack Straw sagte am Dienstag, dies stehe für sein Land nicht zur Debatte. Er glaube auch nicht, dass eine Militäraktion auf der Tagesordnung irgendeines anderen Staates stehe. Vielmehr, so der britische Außenminister, müsse der Streit auf diplomatischem Wege oder durch andere nicht-militärische Mittel gelöst werden.