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"Iran auf dem Holzweg"

Von WZ-Korrespondent Arian Faal

Politik

USA mahnen Teheran zur Kooperation. | Vorläufig keine Militäroptionen. | Teheran/Wien. Wenn Mohammed ElBaradei heute, Donnerstag, im Iran über den Atomstreit berät, so geschieht dies unter völlig neuen Vorzeichen. Denn just bevor der Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde IAEO in der Hauptstadt Teheran ankam, erklärte Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad in der Stadt Mashad, sein Land sei dem Klub der Nuklearstaaten beigetreten und kündigte via TV Urananreicherung in industriellem Umfang an.


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Dieser provokative Schritt empört zu einer Zeit, wo der UN-Sicherheitsrat dem Iran eine Frist gesetzt hat, bis zum 28. April alle Anreicherungsaktivitäten einzustellen, nicht nur die USA, sondern auch Russland. Das Land befinde sich "auf dem Holzweg", tönte aus Washington. Dennoch: US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bezeichnete Medienberichte über Angriffspläne Washingtons gegen den Iran trotz des jüngsten Affronts als Hirngespinste. "Es bringt einfach nichts, sich ins Fantasy-Land zu begeben", resümierte Rumsfeld mit dem Verweis, dass "die diplomatische Schiene" nach wie vor aktuell sei. Auch für Israel, das bisher mit Drohungen nicht sparte, steht eine Militäroption derzeit nicht zur Debatte.

Friedliche Nutzung

Teheran weiß diese Situation zu nutzen. Mit seinem offensiven Vorgehen überrumpelte es nicht nur ElBaradei, sondern den gesamten Westen. Die Führung signalisierte, dass sich die Welt mit dem Gedanken anfreunden muss, dass im Mullahstaat die Urananreicherung auf industrieller Ebene Realität wird. Dieses Recht zur friedlichen Nutzung der Nuklearenergie sei nicht verhandelbar, so Ahmadi-Nejad. In diese Kerbe schlug auch Hashemi-Rafsanjani, "graue Eminenz" und Vorsitzender des sog. Wächterrates, der obersten Kontrollinstanz des Iran. Die Aktivierung von 164 Zentrifugen sei der erste Schritt für die Großproduktion. Das Uran werde nur zu einem Grad von 3,5 Prozent angereichert, weshalb es sich als AKW-Brennstoff, nicht aber für Atomwaffen eigne. Bis zum Jahresende sollen 3.000 Zentrifugen einsatzbereit sein, verkündigte Rafsanjani sichtlich stolz. Die durch Flugabwehrsysteme geschützt Anlage in Natanz kann insgesamt 50.000 Gaszentrifugen aufnehmen. Zum Besuch von ElBaradei äußerte sich Rafsanjani übrigens sehr zuversichtlich. Der Iran betreibe sein Nuklearprogramm immerhin unter Aufsicht der IAEO und gemäß den Regeln des Atomwaffensperrvertrags.

Die 25 EU-Außenminister erörterten derweil in Luxemburg erstmals mögliche Schritte gegen Teheran. Unter anderem ist von möglichen Visa-Beschränkungen, schärferen Ausfuhrbestimmungen für Technologien, die auch für militärische Zwecke genutzt werden können und von einer Verbannung iranischer Studenten, die an europäischen Universitäten sensible Wissenschaftsbereiche studieren, die Rede.

Bittgesuch der Hamas

Für Zündstoff sorgen auch die enge Beziehungen des Iran zur palästinensischen Hamas-Regierung. Am Mittwoch reiste eine hochrangige Delegation von Hamas-Parlamentariern nach Teheran, um dort Möglichkeiten für Finanzhilfen zu sondieren. Die Europäische Union hatte am Montag ihre direkten Zahlungen an die Palästinenser gestoppt, um so eine Anerkennung Israels und einen Gewaltverzicht zu erzwingen.