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Iran "brutal" weichkochen, dann reden

Von Michael Schmölzer

Politik

Donald Trump "freut" sich auf neuen Atomdeal.


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Wien/Singapur/Teheran. Ein Atomdeal mit Donald Trump? Nachdem der US-Präsident zuletzt aus dem Abrüstungs- und Kontrollabkommen mit dem Iran ausgestiegen ist, misst man in Teheran dem Gipfel in Singapur nicht viel Gewicht bei. Möglicherweise sei das Abkommen nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben sei, heißt es aus dem Islamischen Gottesstaat.

Hier sieht man sich als gebranntes Kind, Nordkoreas Diktator Kim Jong-un sollte ebenfalls gewarnt sein: "Wir haben es mit einem Mann zu tun, der seine Unterschrift widerruft, sobald er wieder im Ausland ist", erinnerte ein Sprecher der iranischen Regierung an das jüngste, von Trump verursachte G7-Debakel. Man begrüße zwar jede Initiative für Frieden und Stabilität in Korea, hieß es aus Teheran. Kim sollte aber wachsam sein, denn schließlich habe Trump mit der Aufkündigung des Atom-Deals mit dem Iran bewiesen, dass er sich nicht an internationale Abkommen halte.

"Brutale Sanktionen"

Unklar ist freilich, wer in Singapur wen übervorteilt hat. Internationale Kommentatoren sind sich in großer Zahl sicher, dass Kim eher Trump vor seinen Karren spannen konnte als umgekehrt. Der nordkoreanische Diktator hätte die Gelegenheit gehabt, sich auf Augenhöhe mit dem mächtigsten Mann der Welt zu präsentieren, heißt es. Die Zusagen, die Kim machen musste, seien eher vage. Kim, so die Beobachter, dürfte Singapur innerlich jubelnd verlassen haben.

Trump heftete sich selbstredend den Gipfel wie einen Orden an die eigene Brust - und er hat erste Hinweise darauf geliefert, wie es seiner Ansicht nach mit dem Iran weitergehen könnte. Die Sanktionen gegen die Islamische Republik würden "brutal" werden, so Trump vor der Presse, er freue sich aber darauf, demnächst ein überarbeitetes Atomabkommen mit dem Iran auszuhandeln.

Wird sich Trump demnächst vielleicht sogar in Wien einfliegen lassen, um Vertreter aus dem Iran zu treffen und um als "bester Dealmaker" aller Zeiten wieder abzuheben? Noch ist es nicht so weit. Zunächst, so Trumps Kalkül, muss der Iran mit den angekündigten "brutalen Sanktionen" weichgekocht werden. Dann soll der US-Erzfeind - nach Trumps Vorstellungen - kleinlaut an den Verhandlungstisch kommen.

Geht Trumps Rechnung auf?

Die Frage ist, ob Trumps Rechnung im Fall des Iran aufgeht. Durch seinen gelinde gesagt undiplomatischen Kurs stärkt er Irans Hardliner, die auf keinen Fall den Eindruck erwecken wollen, vor Washington einzuknicken.

Dazu kommt, dass Israel, der einzige US-Verbündete in der Region, eine militärische Lösung des Atom-Problems mit dem Iran zumindest erwägt.

Besteht also die Möglichkeit, dass Trump die Kriegsoption im Fall Iran nicht nur als Druckmittel einsetzt, sondern tatsächlich zu den Waffen greifen lässt? Derzeit sieht es nicht danach aus. Noch hat der US-Präsident, allen Befürchtungen zum Trotz, keinen großen Krieg vom Zaun gebrochen. Im Fall Nordkorea wäre das auch kaum möglich gewesen, ohne Millionen an Toten zu riskieren - immerhin liegt Südkoreas Hauptstadt Seoul mit knapp zehn Millionen Einwohnern in Reichweite der nordkoreanischen Artillerie.

Es gibt aber zahlreiche Hinweise darauf, dass Trump bereit ist, einem Gegner mit Waffengewalt "eine blutige Nase" zu verpassen. Im Fall Nordkorea konnte ihm ein solcher Präventivschlag ausgeredet werden - von seinen Beratern und von Mitgliedern des US-Senats. Es lebt die Hoffnung, dass das im Fall Iran auch so sein wird. Doch sollte man nicht zu 100 Prozent damit rechnen.