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Iran-Deals: Aktie der britischen Bank verliert 16 Milliarden Dollar

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

US-Behörde droht Tochter von Standard Chartered mit Lizenzentzug.


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New York. Es sind gewaltige Vorwürfe, die Benjamin M. Lawsky, Chef der New Yorker Finanzaufsichtbehörde, gegenüber dem US-Ableger der britischen Standard-Chartered-Bank (SCB) erhebt: Fast zehn Jahre lang habe die Bank mit der iranischen Regierung gemeinsame Sache gemacht und für iranische Klienten 60.000 Transaktionen über mindestens 250 Milliarden Dollar heimlich durchgeführt - darunter mit staatlichen Instituten wie der Zentralbank (Bank Markazi), der Bank Saderat und der Bank Melli.

Für die Geschäfte habe Standard Chartered hunderte Millionen Dollar Gebühren eingestrichen. "Diese Aktionen machten das US-Finanzsystem verwundbar gegenüber Terroristen, Waffenhändlern, Drogenbossen und korrupten Regimes", heißt es im Behördenbericht. Es werde auch dem Verdacht über Transaktionen mit weiteren Staaten, über die US-Sanktionen verhängt sind wie Libyen, Myanmar und Sudan nachgegangen. "Kurzum: SCB agierte wie ein Schurken-Institut."

Anhörung am 15. August

Dass der britischen Bank nun ein Lizenzentzug in den USA droht, versetzte die Investoren in Panik. An der Börse London rasselte die Standard-Chartered-Aktie in den Keller. Am Nachmittag lag das Papier mehr als 16 Prozent im Minus; binnen weniger Stunden wurden gut 16 Milliarden Dollar an Marktwert vernichtet.

Die Bankmanager müssen sich nun am 15. August einer Anhörung stellen und sich verantworten, damit ihnen nicht die Zulassung entzogen wird.

"Vor fünf Jahren beendet"

Das britische Finanzinstitut - mit 1700 Büros in 70 Ländern eines der Schwergewichte der europäischen Finanzwelt - reagierte auf die Vorwürfe verwundert: "Standard Chartered hat alle Neugeschäfte mit iranischen Kunden in jeglicher Währung vor mehr als fünf Jahren eingestellt", heißt es in einer Aussendung.

Überdies sei die Bank im Jänner 2010 von sich aus auf die US-Behörden zugekommen, um alle historischen Dollartransaktionen auf ihre Vereinbarkeit mit den US-Sanktionen zu überprüfen - insbesondere die Iran-Geschäfte aus der Zeit 2001 bis 2007. Laut dieser Prüfung hätten nach Angaben der Bank mehr als 99,9 Prozent der Transaktionen den Regeln entsprochen, maximal ein Volumen von 14 Millionen Dollar sei fragwürdig.

Die bald 160 Jahre alte Bank gilt als grundsolide. Dank ihres starken Standbeins in Asiens Wachstumsmärkten schrieb sie in der Krise konstant Gewinne - 2011 knapp 5 Milliarden Dollar.

Nach europäischer Rechtslage wäre Standard Chartered ohnehin wenig vorzuwerfen - zumindest nicht für die älteren Iran-Transaktionen. Denn in der EU wurden erst im Sommer 2010 eine Reihe Finanzinstitute - darunter die Bank Saderat und Bank Melli - auf die Sanktionsliste gestellt. Eine substanzielle Ausweitung erfuhr diese noch einmal im Jänner 2012, als auch die iranische Zentralbank erfasst wurde.

Die Briten waren etwas früher dran. Sie verschärften schon im November 2011 die Sanktionen gegen den Iran und erfassten damit alle Finanzinstitutionen.