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Iran: Der Wächterrat

Von Georg Friesenbichler

Politik

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Gesetze, die vom iranischen Parlament beschlossen werden, treten nicht automatisch in Kraft. Zuvor wird vom Wächterrat geprüft, ob sie mit den islamischen Grundsätzen übereinstimmen. Er bildet somit eine Art Oberhaus, das die Möglichkeit hat, die vom Unterhaus - dem Parlament - vorgeschlagenen Gesetze abzulehnen. Davon hat er in letzter Zeit reichlich Gebrauch gemacht: Seit die Reformkräfte die Mehrheit im Parlament haben, wurde ein Großteil der Gesetzesinitiativen zurückgewiesen. Unter diesen war im August vergangenen Jahres neben der Erweiterung der Frauenrechte und Maßnahmen gegen die Folter auch der Vorschlag der Reformkräfte, die Rechte des Rates bei der Zulassung von Parlamentskandidaten zu beschneiden. Damit sollte genau die Situation verhindert werden, die jetzt entstanden ist. Mit seiner Ablehnung des Gesetzesentwurfs zementierte der Wächterrat aber seine Position und entscheidet weiter über die ideologische und religiöse Zuverlässigkeit von Bewerbern um eine Kandidatur und damit über ihre Zulassung. Eine Ablehnung geschieht ohne öffentliche Begründung, ein Mitglied erläuterte aber: "Wenn die Person verdorben ist oder ungerechtfertigte Aussagen formuliert oder geschrieben hat, wird sie ausgeschlossen." Der Wächterrat gilt seit jeher als Gremium der konservativen Führung zur Überwachung von Reformkräften. Die Hälfte der Mitglieder werden direkt vom obersten Führer des Landes, Ayatollah Ali Khamenei, ernannt. Weitere sechs Mitglieder sind Rechtsgelehrte, die der Chef der Justiz, wiederum ein Konservativer, vorschlägt.