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"Iran gewinnt Frieden"

Von Veronika Eschbacher

Politik

Während der Verhandlungen waren die Iraner optimistisch, aber auch besorgt. Umso größer ist vor allem bei der jungen Bevölkerung die Freude nach dem Abschluss der Atomgespräche.


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Teheran/Wien. "Ich bin so glücklich, ich laufe die ganze Zeit zuhause mit meinem Handy in der Hand im Kreis herum und kann es gar nicht fassen vor Freude!", schreibt der 19-jährige Iraner Reeza im Kurznachrichtendienst Twitter. Immer und immer wieder lese er die Schlagzeilen, um sich zu versichern, dass sie wahr sind, der Deal mit dem Westen wirklich unter Dach und Fach ist. Mahtab, eine 40-jährige Angestellte aus Teheran, wünschte sich auf Twitter, das Meeting mit ihrem Chef würde schneller enden, "damit ich endlich feiern gehen kann". Aus der südlicher gelegenen Stadt Isfahan berichtete Mohsen Bakhtiar der "Wiener Zeitung", die Menschen auf dem Basar hätten ab den ersten Meldungen über den Atom-Deal gemeinsam fröhlich auf die Fernsehbildschirme geschaut, der Handel selbst sei so praktisch zum Erliegen gekommen.

"Ende der Iranophobie"

Vom nördlichen Tabriz über die Hauptstadt Teheran bis in die Stadt Bandar Lengeh am Persischen Golf wurde am Abend gefeiert. Zahlreiche Iraner strömten nach dem Iftar, dem Fastenbrechen, jubelnd auf die Straßen. Alleine auf der Parkway-Autobahn in Teheran feierten tausende hauptsächlich Jugendliche in ihren Autos mit iranischen Flaggen und lauter Popmusik. Neben ohrenbetäubenden Hupkonzerten waren auch "Obama, Obama"-Sprechchöre zu hören, ebenso Sloganes wie: "Rohane, Zarif, danke für die Öffnung des Landes!"

Die wichtigsten Nächte im Ramadan, die in tiefem Gebet verbracht werden, sind vorbei, Feiern steht also nichts im Wege. Auch der 28-jährige Mohsen, der die Verhandlungen in Wien täglich mit großer Aufmerksamkeit verfolgt hatte, wollte sich das Treiben in Isfahan ansehen. Mehr aber aus Neugier, denn aus einem Verlangen, etwa einen bestimmten Politiker zu feiern, wie er sagte. "Wir Iraner feiern alles mögliche auf der Straße: Fußballsiege oder sogar, wenn wir im Volleyball gewinnen." Ihm sei viel wichtiger, dass mit dem Deal nun die Hoffnung bestehe, dass die "herrschende Iranophobie endlich ein Ende hat", die er bei Auslandsreisen auch am eigenen Leib erfuhr.

Immerhin konnte Mohsen eine Verbesserung des Images des Iran seit dem Rahmenabkommen von Lausanne im April beobachten. Seither sei die Zahl der internationalen Gäste in der 1,7-Millionen-Stadt Isfahan merkbar gestiegen. Mohsen hofft auch in Zukunft auf mehr Besucher, die etwa den prachtvollen Imam-Platz, eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Vorderen Orients, besuchen - und sich selbst ein Bild über das Land und seine Menschen machen. Er freut sich aber auch auf die Erleichterungen, die der Deal den Iranern künftig bescheren dürfte - sei es bei Auslandsreisen, Studentenaustausch oder Handel durch den Wegfall der Sanktionen. Ein Visum in die EU oder die USA war bisher nur schwer zu bekommen.

Hoffnung auf Reformen

"Es geht aber nicht bloß darum, dass wir in die USA reisen können - sondern auch darum, wieviel unser Geld dort wert ist", sagt Mohsen. Der iranische Rial fiel mit den Sanktionen sukzessive. Auch hier herrscht nun große Hoffnung auf wichtige Wirtschafts- und Sozialreformen. Auch wenn Präsident Hassan Rohani in seiner Ansprache an die Iraner am Dienstag als größte Hoffnung die wirtschaftliche Prosperität des Landes nannte - der Fokus in den iranischen Wortmeldungen im Internet lag klar auf dem Sicherheitsaspekt. "Der Iran gewinnt den Frieden", so der Haupttenor. "Die Angst vor Krieg, Aggression und Einschüchterung ist vorüber! Der Iran ist kein isoliertes Land mehr", freut sich die Teheranerin Mahtab.

Bisherige Gegner der Verhandlungen hielten sich zurück. Der Deal könne natürlich von der Bevölkerung kritisiert werden, sagte Rohani - er werde aber nicht zulassen, dass die Hoffnung der Iraner auf Frieden zerstört werde.