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Der von vielen Medien als "völlig überraschend" bezeichnete Rücktritt des Generalsekretärs des Nationalen Sicherheitsrates des Irans, Ali Larijani, der gleichzeitig Atomunterhändler Teherans war, zeichnete sich schon lange ab. Höchstens der Zeitpunkt der Demission belegt eine "gewollte Überraschung" der Regierung. Und er verdeutlicht die Bruchlinie zwischen den pragmatischen Konservativen und den Hardlinern um Präsident Mahmud Ahmadinejad, die nun gestärkt sind.
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Nüchtern wurde die Demission Larijanis von Ahmadinejads rechter Hand, Regierungssprecher Gholam Hossein Elham, bekannt gegeben: "Ali Larijani hat um seine Demission gebeten, und der Präsident hat sie akzeptiert." Seit Monaten kursierten Gerüchte über Rücktrittsabsichten Larijanis. Denn er gilt als moderate Figur, der eine differenziertere politische Ansicht als die Hardliner hat.
Dabei galt Larijani im Westen einst selbst als Verfechter einer harten Linie. Als er im August 2005 Nachfolger von Hassan Rohani wurde, bezeichnete er das Atomprogramm als Perle, das unter allen Umständen weitergeführt werden sollte. Zudem beschuldigte er Rohani, die Verhandlungen rund um das Atomprogramm zu mild geführt zu haben.
Doch mit der Zeit verwendeten die westlichen Medien nur noch den Ausdruck "Pragmatiker". Seine Berufung zum Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats wurde als persönliche Fußnote des obersten religiösen Führers Ali Khamenei gesehen, um den radikalen politischen Kurs von Ahmadinejad Einhalt zu gebieten. Viele Konservative um Larijani empfinden zudem die kaum kontrollierbaren, teilweise obsessiven Äußerungen Mahmud Ahmadinejads zu Israel und zum Holocaust als außenpolitische Belastung.
Larijani wagte es daher öfters, konsensorientierte Statements in Richtung Westen abzugeben. Letztes Beispiel: Vergangenen Mittwoch sagte Larijani, dass Russlands Präsident Wladimir Putin bei Khamenei neue, fruchtbare Vorschläge im Atomstreit vorgelegt hatte. Ahmadinejad widersprach dieser Ansicht umgehend. Das dürfte das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Der offene Protest Larijanis gegen die wiederholte Einmischung Ahmadinejads in die Atomverhandlungen machte den Rücktritt unumgänglich. Vor allem das permanente Liebäugeln der extremen Mitglieder der Führung mit einem Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag war dem Unterhändler zutiefst zuwider. Diese "Geschmeidigkeit" wurde nun bestraft.
Iran hat erstklassige Diplomaten, die über hohe Kompetenz und Bildung verfügen. Das galt schon für Rohani und das wird auch bei Said Jalili nicht anders sein. Der Gefolgsmann Ahmadinejads wird allerdings wohl eher den Konfrontationskurs seines Chefs steuern. Seite 8