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Iran im Fadenkreuz der Falken

Von Thomas Müller

Politik

Washington - US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schürt mit scharfen verbalen Attacken gegen das Regime in Teheran Ängste vor einer Ausweitung des "Krieges gegen den Terror" auf das Nachbarland des besiegten Irak, den Iran. Der oberste geistige Führer des Gottesstaates, Ayatollah Ali Khamenei, erklärte, er werde den Forderungen der USA "niemals nachgeben".


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Die Erklärungen aus dem Weißen Haus klingen wie die Beschuldigungen vor Beginn des Irak-Kriegs, nur sind sie diesmal an die Adresse des Irans gerichtet: Teheran arbeite an der Entwicklung von Massenvernichtungswaffen und gewähre El-Kaida-Terroristen Zuflucht, behaupten US-Regierungsmitarbeiter. Schon wächst die Sorge, die USA könnten nach dem Ende des Irak-Konflikts nun damit beginnen, das nächste Rad auf der "Achse des Bösen" zu demontieren.

Und wie vor dem Irak-Krieg profiliert sich auch diesmal Verteidigungsminister Rumsfeld mit Drohungen. So warnte er den Iran diese Woche mit scharfen Worten, sich im Irak einzumischen. "Der Iran sollte wissen, dass wir Bemühungen, den Irak nach dem Vorbild Irans neu zu schaffen, energisch entgegentreten werden." Wenige Tage zuvor hatte sein Generalstabschef Richard Myers erklärt, dass "iranische Elemente" im Irak aktiv seien.

Rumsfelds Kabinettskollege, Außenminister Colin Powell, bemüht sich indessen wieder darum, das Ausland zu beruhigen. Zwar brachen die USA ihre "Genfer Geheimgespräche" mit Teheran ab, doch Powell versicherte, dies bedeute keinen Kurswechsel der USA. Washington stehe weiter mit Iran in Verbindung.

Beobachter sprechen von einem neuen Machtkampf zwischen konservativen und gemäßigten Kräften innerhalb der US-Regierung. So gebe es viele "Hardliner" im Weißen Haus, die für einen offenen Konfrontationskurs gegenüber Teheran seien. Auf ihrer Wunschliste stünden neben Sanktionen vor allem die klare Unterstützung eines "Volksaufstandes" gegen das islamische Regime.

Die Gemäßigten wie Powell fürchten dagegen, dass eine Konfrontation mit Teheran dem Ziel eher schade. So werde die Regierung in eine Ecke gedrängt, aus der er es ihr unmöglich sei, Schritte in Richtung Entspannung zu unternehmen. So sprechen sich die Gemäßigten auch dafür aus, Teheran mehr Zeit zu geben, El-Kaida-Terroristen auszuhändigen.

Doch die ersten Versöhnungssignale aus Teheran in dieser Richtung hinterließen bei Präsident George W. Bush wenig Eindruck. Nachdem die iranische Regierung die Festnahme einiger Terroristen bekannt gab, erklärte Bushs Sprecher Ari Fleischer: "Die Schritte, von denen die die Iraner behaupten, dass sie sie unternommen haben, um El-Kaida-Terroristen zu fangen, sind unzureichend."

Klärung über den künftigen Irankurs sollte am Dienstag ein Treffen hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums und des Pentagon im Weißen Haus bringen. Doch wenige Stunden vor Beginn wurde es überraschend abgesagt. In der Presse hieß es, einer der Gründe für die Absage des Treffens sei die geplante Nahostreise Bushs gewesen, auf die sich das Weiße Haus zunächst vorbereiten wollte.

153 reformorientierte iranische Parlamentsabgeordnete hatten in einem Brief an ihren geistigen Führer Khamenei vor der Gefahr gewarnt, dass dem Iran ein ähnliches Schicksal wie dem Irak drohen könnte. "Sich dem Feind zu ergeben ist nicht die Lösung. Das würde nur seine Forderungen verstärken und seinem Abenteurertum weiter Auftrieb geben!", hatte Khamenei den Parlamentariern geantwortet.