Zum Hauptinhalt springen

Iran: Kampf um Präsidentenamt hat begonnen

Von WZ-Korrespondent Arain Faal

Politik

Ali Larijani will sich in der Atomfrage profilieren. | Teheran. Erst im Februar 2009 wählt die islamische Republik Iran einen neuen Präsidenten. Doch der Wahlkampf hat (inoffziell) schon jetzt - siebeneinhalb Monate vor dem Urnengang - längst begonnen. Mögliche Kandidaten für das heiß begehrte Präsidentenamt sind nicht nur Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinejad, der um jeden Preis sein Mandat um weitere vier Jahre verlängern will, sondern auch einige andere international bekannte iranische Politiker.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Einer von ihnen beherrscht Irans Medien in den letzten drei Wochen wie kein anderer: der ehemalige Atom-Chefunterhändler und jetzige Parlamentspräsident Ali Larijani. Seine starke Medienpräsenz gilt als Hinweis, dass er sich schon im Vorfeld der Wahlen als internationaler Vertreter Irans in wichtigen Fragen profilieren will. In mehreren Fernsehansprachen, Interviews und Kommentaren war erstaunlicherweise er es, der offiziell für den Iran zu aktuellen Themen Stellung bezog: "Leere Versprechungen und nichts weiter" seien die neuen Vorschläge der sogenannten Sechser-Gruppe zur Lösung des andauernden Atomstreits, so Larijani vergangene Woche.

"Nichts Neues"

Die Sechser-Gruppe (Russland, USA, Frankreich, Großbritannien, China und Deutschland) gehe leichtsinnig vor und wolle verhindern, dass die iranische Nation ihr Recht auf die zivile Atomenergie wahrnehme, erklärte der erfahrene Diplomat im iranischen TV. Nach seinen Worten mögen die Vorschläge der internationalen Vermittler auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, enthalten aber im Grunde nichts Neues. Da abermals eine sofortige Suspendierung der Urananreicherung gefordert werde, sei das Paket uninteressant, da diese nicht zur Diskussion stünde, so Larijani weiter. Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana hatte am 14. Juni in Teheran ein neues "Paket von Vorschlägen" übergeben, die Iran zur Aussetzung der Urananreicherung bewegen sollen. Darin stellt die Sechser-Gruppe Iran technische und finanzielle Hilfe zur Entwicklung der zivilen Atomenergie in Aussicht, darunter Atomreaktoren und Lieferungen von Kernbrennstoff. Teheran steht wegen seinem Nuklearprogramm unter starkem Druck. Die Vereinten Nationen befürchten, dass der Mullah-Staat heimlich an Atomwaffen baut, und fordern von ihm die Einstellung der Urananreicherung. Der Weltsicherheitsrat hatte bereits drei Resolutionen verabschiedet, die Sanktionen gegen Iran beinhalten.

Irans Präsident Ahmadinejad schlug in dieselbe Kerbe und wiederholte erneut, dass der Iran niemals auf sein Recht auf die zivile Nutzung der Kernenergie verzichten würde, doch Larijanis Worte erhielten ein gewaltiges Medienecho.

Larijani gilt als Neokonservativer und Gegner des Hardlinerkurses und der Wirtschaftspolitik von Ahmadinejad und hat auch abseits seiner Partei viele Anhänger. So wurde er in Ghom, dem geistlichen Zentrum der Mullahs im Iran, zum Repräsentanten gewählt und auch seine Beförderung zum Parlamentspräsidenten erfolgte mit der ausdrücklichen Unterstützung einer breiten Mehrheit der Abgeordneten und dem Wohlwollen von Irans oberster geistlichen Autorität, Ayatollah Ali Khamenei, dessen persönlicher Berater Larijani seit seinem Rücktritt als Atomchefunterhändler ist. Einige iranische Abgeordnete hoffen, dass Larijani, der auch in Europa einen guten Ruf genießt, ihr Land aus der Sackgasse im Atomstreit herausführen könnte.

Bank Melli klagt EU

Unterdessen rüstet sich Irans Wirtschaft gegen weitere mögliche Sanktionen der Europäer. Nachdem bereits in den letzten Jahren ein bedeutender Teil der iranischen Gelder aus Europa abgezogen wurden, hat der Gottesstaat auch seine Wertpapierbestände in Deutschland zu einem Großteil aufgelöst. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden per saldo deutsche Aktien, Investmentzertifikate und Anleihen im Wert von 11 Millionen Euro verkauft. Auch 2007 überstieg der Wert der Verkäufe jenen der Käufe um 22 Millionen Euro.

Doch damit nicht genug: Die iranische Großbank Melli will gerichtlich gegen die von der Europäischen Union im Atomstreit mit Teheran verhängten Sanktionen vorgehen. Auch Deutschland droht die Bank mit einer Klage. Die juristischen Berater der Bank hätten bereits eine Klage beim zuständigen Gericht in London eingereicht, erklärte der Direktor der Bank, Ali Sadafi.