Manche europäische Spitzendiplomaten reagieren mittlerweile schon genervt, wenn es um den Atomstreit mit Teheran geht. Nicht grundlos. Nach drei UN-Resolutionen (zwei davon in Verbindung mit weichen Sanktionen) und dutzenden Verhandlungsversuchen will sich einfach keine diplomatische Lösung finden lassen.
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Nun ist erneut ein UNO-Ultimatum gegen Teheran abgelaufen und der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammad ElBaradei, kann auch diesmal nicht berichten, dass der Gottesstaat der Hauptforderung nachgekommen wäre, die Urananreicherung zu suspendieren.
Dennoch will man eine folgenschwere Eskalation des Konflikts vermeiden und bemüht sich um Schadensbegrenzung. Mit dem IAEO-Bericht in der Tasche soll EU-Außenbeauftragter Javier Solana daher am 31. Mai mit Irans Chefunterhändler Ali Larijani den Weg zurück zur Diplomatie ebnen. Überdies stehen als positives Zeichen drei Tage zuvor erstmals nach 28 Jahren Direktgespräche - wenn offiziell auch nur über den Irak - zwischen Washington und Teheran auf der Agenda. Parallel dazu hat US-Präsident Bush jedoch den Zeigefinger gegen ElBaradeis Kuschelkurs erhoben und gefordert, dass der Westen "mit einer Stimme" Irans Urananreicherung Einhalt gebieten müsse. Erst am Donnerstag forderte er weitere Sanktionen.
Deutschland ist da vorsichtiger geworden. Rechtzeitig vor der Veröffentlichung des IAEO-Berichts ist Außenminister Frank-Walter Steinmeier auf das Bremspedal gestiegen: Er wies Forderungen nach einer schnellen Verschärfung des Sanktionskurses mit den Worten zurück, die letzte Resolution enthalte "keinen Automatismus für den Fall, dass Iran seinen Verpflichtungen nicht nachkommt."
Es ist bekannt, dass Russland und China möglichen weiteren Maßnahmen äußerst skeptisch gegenüberstehen. Und anders als die öffentlichen Erklärungen glaubhaft machen wollen, ist auch in London und Paris die Begeisterung dafür nicht sehr groß. Dies hat nicht nur mit Wirtschaftsinteressen zu tun. Die Verhängung von weiteren Sanktionen würde auch zu negativen Reaktionen aus Teheran führen. Was wiederum die Atmosphäre für eine Verhandlungslösung weiter verschlechtern würde. Schritt für Schritt würde man auf eine Situation zusteuern, in der eine Militär-operation die letzte Option wäre.
Teheran lächelt über die Situation. Dort war man die ganze Zeit über davon überzeugt, dass die Europäer nur bluffen und in letzter Minute einknicken werden. Ob der viel gelobte "Schweizer Vorschlag" (temporärer Sanktionsstopp gegen temporären Stopp der Urananreicherung) der Wegweiser aus der Sackgasse sein kann, darf bezweifelt werden, da sich die Iraner ihrer Sache zu sicher sind, um auf diesen "Tauschhandel" einfach so einzusteigen.