Ayatollah Khamenei: "Antiislamische Verschwörungen" im Westen, "Terroristen sind keine Vertreter des Islam".
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Wien. Spätestens seit der Terror des Islamischen Staates (IS) wütet, die Gräueltaten durch mediale Berichterstattung an die breite Öffentlichkeit gelangt sind, und islamistische Terroranschläge Frankreich erschütterten, steht das Thema Islamophobie wieder auf der Agenda in Europa und den USA. Das Oberhaupt des Iran, Ajatollah Seyyed Ali Khamenei, reagierte nun auf die jüngsten Ereignisse.
Am Mittwoch erreichte ein Mail die Chefredaktionen, auch der "Wiener Zeitung", die eine "Botschaft des Oberhauptes der Islamischen Republik Iran an alle jungen Menschen in Europa und Nordamerika" enthielt. Darin lädt Khamenei die "westliche Jugend" zur Wahrheitssuche und zu einem selbständigen Urteil über den Islam ein. Abseits der "Flut von Vorurteilen, Hetzpropaganda" und Informationen aus den Medien sollten sie sich direkt an die Quelle, also an den Koran, wenden.
Auf die verschiedensten Ängste der Menschen wolle er nicht eingehen, die etwa seit dem Zerfall der Sowjetunion heraufbeschwört wurden, "einzig mit dem Zweck, diese große Religion als beängstigenden Feind darzustellen". Statt dessen rückte Khamenei den Blick auf "kollektive Schandtaten Europas und Amerikas" wie die Sklaverei und Kolonialzeit. Er wolle aber nicht tadeln.
Khamenei schreibt von einem "bewusst vorausgeplanten Konflikt zwischen dem Islam und euch jungen Menschen", der nicht angenehm sei. Nur durch einen wissbegierigen Geist könnten sich "neue Wahrheiten" auftun. Die Terroristen und Extremisten, so das Fazit des Briefes, seien nicht als Vertreter des Islam anerkannt.
Rhetorik der Revolution
Man solle keine differenzierten Urteile von Khamenei erwarten, urteilt ein Islamwissenschaftler im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", der ungenannt bleiben möchte. Denn als Nachfolger von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini könne das jetzige Oberhaupt nicht moderat formulieren. Daher behauptet Khamenei in dem Schreiben auch, das "internationale Machtsystem von heute ist bestrebt, das islamische Denken an den Rand und in die Passivität zu drängen". "Jenes Machtsystem stehe nicht nur für die iranischen Erzfeinde USA und Israel, sondern für westlich-demokratische Gesellschaften", sagt der Islamwissenschaftler.
"Terroristen" nennt Khamenei die Attentäter auf die Redaktionsmitglieder von "Charlie Hebdo" und die Besucher den koscheren Lebensmittelmarktes – allerdings: "die sie selber angeheuert haben". "Damit meint Irans Oberhaupt wieder jenes ominöse internationale Machtsystem. Er spielt darauf an, dass westliche Länder mitunter auch radikale Verbündete haben, und sich diese dann gegen den eigenen Partner wenden", so der befragte Experte.
Auch schreibt Khamenei von einem "bewusst vorausgeplanten Konflikt zwischen dem Islam und euch jungen Menschen", der nicht angenehm sei. Nur durch einen wissbegierigen Geist könnten sich "neue Wahrheiten" auftun. n