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Bundespräsident Thomas Klestil bedauert: Er bekomme von seinen Gesprächspartnern keine klare Antwort. Während die Staatsspitzen der Islamischen Republik Iran, Präsident Mohammed Khatami wie auch der über ihm stehende religiöse Führer Ayatollah Ali Khamenei erklären, vor Urnengängen gebe es eben immer Probleme, die Parlamentswahlen am | 20. Februar würden aber regulär über die Bühne gehen, spitzt sich die Konfrontation zwischen Hardlinern und demokratiefreundlichen Reformern zu. Ein möglicherweise entscheidender Stichtag ist der 30. Jänner.
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Mindestens bis zu diesem Tag wollen die vom Ausschluss von den Wahlen bedrohten Parlamentarier ihren Sitzstreik fortsetzen. Bis zu diesem Tag soll auch der mächtige Wächterrat die Beschwerden über die Disqualifikation von Kandidatenbewerbern endgültig behandelt haben.
Am 11. Jänner hatte das nicht gewählte, sondern vom Führer eingesetzte Gremium erklärt, 3.605 von 8.157 Bewerbern würden den islamischen Kriterien nicht entsprechen. Darunter waren auch 80 reformorientierte Kandidaten, die bereits im Majlis (=Parlament) sitzen. Zuletzt hatte der Wächterrat mögliche Fehler eingeräumt, 400 Disqualifikationen wurden laut seinen Angaben wieder aufgehoben. Sogar nach dem 30. Jänner soll nun eine nochmalige Beschwerde gegen den Ausschluss möglich sein. Die endgültige Liste der Kandidaten wird erst am 9. oder 10. Februar veröffentlicht.
Den Parlamentariern geht dieses Rückzugsgefecht der konservativen Kontrollore nicht weit und nicht schnell genug. Am Sonntag wurden im Eilverfahren zwei Annexe zum Wahlgesetz beschlossen. Demnach sollen Parlamentsmitglieder, die ja bereits einmal auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden mussten, automatisch wieder als Kandidaten qualifiziert sein, wenn ihnen nicht kriminelle Machenschaften nachgewiesen werden. Laut dem zweiten Gesetzesanhang sollen ausgeschlossene Kandidaten mit dem Sammeln von Unterschriften ihre Qualifikation nachweisen können.
Wächterrat stoppt Gesetz
Die Beschlüsse sind selbst unter den Reformern, die ja über die Parlamentsmehrheit verfügen, nicht unumstritten. Entsprechend der ihm verpassten Dringlichkeitsstufe 1 behandelte der Wächterrat das Gesetz noch am Montag - und lehnte es erwartungsgemäß ab. Bereits im Vorjahr hatte er den Versuch seiner Entmachtung durch das Parlament abgeschmettert.
Die vielen vergeblichen Gesetzesinitiativen in der Vergangenheit haben den Reformern in der Bevölkerung erheblich geschadet. Sozialminister Herbert Haupt, der beim Klestil-Besuch Infrastrukturminister Hubert Gorbach vertrat, glaubt indessen, dass die hart geführte Diskussion im Vorfeld der Wahlen den Reformern sogar nützen könnte. Auch Klestil hat in seinen Gesprächen stets betont, der Weg der Reformen müsse fortgeführt werden.
Achselzuckende Bevölkerung
Dennoch ist ungewiss, ob die Iraner diesem Konflikt überhaupt große Bedeutung beimessen. Die fünf Kanäle des staatlichen Fernsehens machen davon kein Aufhebens. Auch die Leser der hauptstädtischen Zeitungen, die tatsächlich täglich über die neuesten Entwicklungen informieren, bleiben vielfach indifferent. Die Enttäuschungen über den mangelnden Reformfortschritt sind ebenso groß wie über die schon oft angedrohten Rücktritte, die nie wahrgemacht wurden. Wohl auch deshalb werden die jüngsten Rückzugsankündigungen von Parlaments- und Regierungsmitgliedern und Provinzgouverneuren oft bloß achselzuckend zur Kenntnis genommen. Dies könnte eine geringe Wahlbeteiligung hervorrufen. Und die würde vor allem den Konservativen zu Gute kommen.