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Iran: Tiefer Ölpreis und Krise könnten die Wahl entscheiden

Von Arian Faal

Wirtschaft

Subventionspolitik nicht mehr länger finanzierbar. | Iran droht ein Finanzchaos. | Teheran. Mit bombastischem Aufwand werden im Iran Kundgebungen für die Präsidentenwahlen am 12. Juni abgehalten. Das Stadtbild der Großstädte gleicht einem Museum der Revolution mit überlebensgroßen Abbildern der Märtyrer aus dem ersten Golfkrieg und den Revolutionsführern Khomeini und Khamenei. 30 Jahre nach dem Sturz des Schahs gibt es aber wenig zu feiern.


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Der Gottesstaat steckt in einer politischen und wirtschaftlichen Krise, weil der Rückgang der Ölpreise die Wirtschaft erschüttert. Staatspräsident Mahmud Ahmadinejad muss sich den Vorwurf der Verschwendung gefallen lassen. Das Land steht, wenn nicht bald entgegengesteuert wird, vor einem Finanzchaos. Das Loch in der Staatskasse wächst unaufhaltsam, die Ölmilliarden reichen nicht mehr, um gewaltige Subventionen und Importe zu finanzieren. In Teheran wächst die Unsicherheit, die Kritik an der Regierung wird lauter. Obst, Gemüse und Fleisch sind um 50 Prozent teurer geworden.

Dabei war seit Ende der Neunzigerjahre eine Konsumwelle über das Land geschwappt, was einerseits zu einer Entpolitisierung, andererseits zu einem Wandel der Lebensweise geführt hatte. Der starke Rückgang der Geburtenrate brachte drastische Veränderungen im Wohnungsbau mit sich. Oft sind neue Apartments nur halb so groß wie früher.

Das liegt freilich nicht nur am Schrumpfen der Familien. Denn weil die Immobilienpreise explodierten, können sich immer weniger Iraner eine eigene Wohnung leisten. Um das Aufbrechen der sozialen Gegensätze abzuschwächen, ließ Präsident Ahmadinejad für die Armen Häuser bauen. Das war nur möglich, weil der Staat Zement- und Stahlimporte mit Milliarden subventionierte. So wurde der Konsum angeheizt, ohne dass die Wirtschaftskraft des Landes nachhaltig wuchs. Dank hoher Ölpreise musste der Iran nicht auf Pump leben - Importe und Subventionen wurden aus den Rohstoffexporten finanziert.

Doch verhinderte dies einen Umbau der iranischen Wirtschaft. Dabei war genau dieser eines der Schlüsselziele der Revolution: Anders als unter der Schahmonarchie sollte die Industrie eigenständig werden und nicht nur am Tropf der Öleinnahmen hängen. Doch der acht Jahre lange Krieg gegen den Irak (erster Golfkrieg) und der amerikanische Irak-Krieg 2003 warfen das Land weit zurück.

Nächster Präsident steht erneut vor Umbau

Vor dem Hintergrund inner-iranischer Wirren und der Kriege in Afghanistan und im Irak akzeptierten viele Regimekritiker das islamische Herrschaftssystem als kleineres Übel.

Der Aufschwung der vergangenen Jahre begünstigte diese Entpolitisierung, und Staatspräsident Ahmadinejad konnte seinen Landsleuten bessere Lebensbedingungen versprechen. Doch nach dem Rückgang der Ölpreise um 60 Prozent stößt diese Politik an ihre Grenzen. Das Subventionsgeflecht ist nicht mehr finanzierbar. Ganz gleich, wer nächster Präsident der Islamischen Republik wird: Auf ihn warten weitreichende Entscheidungen.